18 Jahre – jung oder alt?

Ein ganz „besonderer“ Tag aus dem Leben einer Jung-Erwachsenen

Der 18. Geburtstag – für jeden normalen Menschen ein absoluter Festtag, für mich nicht.

Kaum, dass ich einen Fuß aus meinem Bett gestreckt hatte, stand mein Vater in der Tür und hielt mir einen Vortrag über die Rechte und Pflichten einer „erwachsenen Frau“ („Frau“ wohlgemerkt!). Verantwortung und Pflichtbewusstsein sollten von nun an mein Leben bestimmen, seiner Meinung nach jedenfalls. Oh Gott, ich komm mir vor wie ein Mensch vor hundert Jahren! Schrecklich, wie alt man über Nacht werden kann … und genau das will ich nicht … alt werden, erwachsen sein, ernst sein, einfach … langweilig! Eigentlich sollte doch mit 18 mein Party-Leben erst anfangen. Alle Türen stehen offen, jedenfalls an diesem Morgen die meines Zimmers. Denn kaum, dass ich auf die blöde Idee gekommen war, einmal auszuschlafen, stand meine gesamte Familie in meinem heiligen Eigenheim, um mir weitere Vorschläge zum Aufbau meines neuen Lebensabschnitts zu machen. Pustekuchen von wegen Eigenverantwortung und Erwachsensein!

Das mit dem Erwachsenwerden ist schon was Komisches! 18 Jahre lang wird man kaum für voll genommen, gilt als Rowdy und chaotischer „Youngster“ und plötzlich – ohne jede Vorwarnung – wird man ins volle Leben gestoßen. Es scheint, als solle dieser Tag ein ganzes Leben verändern, naja, irgendwo tut er es ja auch, trotzdem bleibt man aber doch der Gleiche … nur halt ein Jahr älter, wie jedes Jahr.

Meine Vision eines absolut tollen Tages wurde also auf alle Fälle erstmal durch die Vorstellung getrübt, nun ein ernstes, erwachsenes Mitglied der Gesellschaft zu sein, das natürlich nun auch, nebenbei gesagt, voll geschäftsfähig sowie wahlberichtigt ist. Übrigens noch so ’ne tolle Sache. Ich, die nun wirklich keine Peilung von Wahlen und Politik hat, soll nun auch in der deutschen Demokratie mitbestimmen! Das kann nur zur Katastrophe führen!

Der 18. Geburtstag sollte wohl auch ein Tag sein, um meine Zukunftspläne zu begutachten … Da sieht es nur reichlich düster aus! Bisher hatte ich – in dem Stress meines jugendlichen Lebens – noch nicht die Möglichkeit, mir darüber Gedanken zu machen. Irgendwie war die Zeit vor dem Erwachsensein wie ein Schutzwall vor der Frage nach dem Morgen und der Realität.

Statt unbeschwertem Kerzenausblasen war hier also erstmal Rückbesinnung angesagt. Was habe ich denn in meinem langen Leben bisher alles bewegt und vollbracht? Wenn man genauer hinschaut, außer ein paar jugendlichen Dummheiten nichts Großartiges oder Nennenswertes angestellt. Frustrierend, wenn man es genau ansieht, jedenfalls für mich.

Um hier aber nicht in Selbstmitleid zu versinken, muss ich aber auch noch von den erfreulichen Dingen des Lebens eines Erwachsenen erzählen. Inzwischen bin ich seit 2 Monaten 18 und bin noch nie sooft wie in dieser Zeit in irgendwelchen Diskos oder so nach dem Ausweis oder meinem Alter gefragt worden. Auch die Verschätzungshäufigkeit in Bezug auf mein Alter (meistens werd ich auf 15 geschätzt) hat sich drastisch erhöht, aber damit lässt es sich leben. Auch die absoluten Horrorvorstellungen über ein hyperernstes Leben und absolutes Non-fetz haben sich nicht bewahrheitet.

Also, Ihr Nicht-Erwachsenen, lasst euch nicht einschüchtern von uns „alten Hasen“ und macht eure eigenen Erfahrungen, denn jetzt fangt Ihr an, unabhängig zu sein und Euer eigenes Leben zu leben.

Schülerin, 18 Jahre

Auflistung aller Jugendtexte

Alle Texte zum Anklicken:

Ordner mit allen Texten: https://www.klausschenck.de/ks/jugendseiten/jugend-im-selbstspiegel—lesung/index.html

Flyer-Text

Liebe Jugendliche,

es liegt schon Jahrzehnte zurück, da kamen die Redakteurinnen der Schülerzeitung an meiner damaligen Schule auf die Idee, ihre Gedichte nicht nur in den jährlichen Ausgaben der Schülerzeitung abzudrucken, sondern eine öffentliche Lesung zu veranstalten, bei der sie ihre Gedichte selbst vortragen. Dieses „selbst“ war ihnen sehr wichtig. Sie wollten gehört werden, es war ihr Bekenntnis zu sich, zu ihrem Denken und Fühlen, zu ihrer Situation. Für eine Schülerin sollte es eine gezielte Botschaft an ihren Vater werden.

Diese Schülerin war ein Scheidungskind und lebte bei ihrem Vater, zu dem sie ein sehr angespanntes Verhältnis hatte, verbunden mit viel gegenseitiger Sprachlosigkeit. In einer großen Pause kam sie im Schulhof weinend auf mich zu. Ihr Vater hatte an ihrem Computer all ihre Gedichte gelöscht, keines war mehr vorhanden, alles weg. Ich konnte sie gleich beruhigen: „Du hast mir doch schon alle Gedichte gegeben, die sind bei mir abgespeichert!“ Zu diesem Zeitpunkt liefen bereits die Planungen für die Lesung. Bei dieser war dann auch ihr Vater anwesend, ich vermute, das war für die Schülerin das Wichtigste. 

In der Redaktion arbeitete ein Junge mit, der zeichnerisch ungemein begabt war. Er bekam alle Gedichte und gestaltete zu jedem eine Zeichnung. Bei der Lesung projizierten wir seine Zeichnungen auf eine Leinwand, während die Schülerinnen ihre Texte lasen. Zwischen den einzelnen Gedichten hatten wir kurze Musikstücke ausgesucht.

Die Lesung selbst war an der Schule, aber auch vor Ort nicht unumstritten. Der Vorwurf lautete, alles sei zu persönlich, in so einem öffentlichen Rahmen dürften so intime Texte nicht vorgelesen werden und schon gar nicht von den Verfasserinnen selbst. Natürlich war alles eine Gratwanderung, über die wir uns im Klaren waren. Bei jedem einzelnen Gedicht überlegten wir, ob es qualitativ gut und für die Zuhörer angemessen sei; mir als beratendem Lehrer war wichtig, dass sich keine Schülerin mit dem Text selbst schadet. So bedurfte es einer gewissen Überzeugungsarbeit, psychisch problematische Texte auszusortieren – zunächst gegen den Protest der jeweiligen Verfasserin. Gerade bei so einem Projekt trägt man als beratender Lehrer eine ungemeine Verantwortung – nicht nur für den jungen Menschen, auch für dessen Familie und für sein späteres Leben.

In der Rückschau wurde diese Lesung für uns alle zu einem besonderen Erlebnis, am stärksten natürlich für die Schülerinnen. Viele Zuhörer kamen, besonders natürlich aus dem Umfeld der jeweiligen Schülerin. Jedem im Raum war bewusst, das ist keine normale Lesung eines literarischen Werkes, hier öffnen sich junge Menschen und lassen alle Anwesenden in ihre Seelen blicken. Die konzentrierte Stille bei den Zuhörern ließ Interesse, Tiefe, aber auch Betroffenheit erahnen. Wir hatten es gewagt – trotz aller Zweifel, Befürchtungen und Ängste und am Ende der Veranstaltung waren wir ungemein erleichtert, glücklich und ein wenig stolz.

Hilfreicher Link in Blick auf Jugenddepressionen: https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/depression-im-kindes-und-jugendalter  


Artikel: Klaus Schenck

Materialien für Lehrer und Schüler

Klaus Schenck, OSR. a.D.
Fächer: Deutsch, Religion, Psychologie
Drei Internet-Kanäle:
Schul-Material: www.KlausSchenck.de
Schüler-Artikel: www.schuelerzeitung-tbb.de
Schul-Sendungen: www.youtube.com/user/financialtaime
Trailer: Auf YouTube ansehen
„Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie“/Bange-Verlag 2020:
Info-Flyer: Download

Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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