SVV- Eine Sucht, die schmerzt

Was ist das? Ist das ein Schatten, der uns verfolgt? Ist es unsere Hilflosigkeit, die uns in dieser kalten Welt nachrennt. unendliche Fragen.
Nüchtern und kühl erklärt ist „SVV“: Selbstverletzendes Verhalten.
Was verbirgt sich dahinter und welche Wege gibt es, aus diesem „Gefängnis“ zu entkommen?

Ich werde hier nicht nur mögliche Wege aufzeigen, sondern auch allgemeine Informationen bereitstellen, die helfen können, dieser Sucht zu entkommen. Dies soll Betroffenen sowie Angehörigen und Interessierten helfen, die Hintergründe und Beweggründe ein klein wenig zu verstehen, damit „SVV“ nicht weiter als Spinnerei abgetan wird und es endlich aus seiner Dunkelheit hervortreten kann.

Unter „Selbstverletzendem Verhalten“ versteht man wiederholte, selbst zugefügte, direkte körperliche Verletzungen. Ich vergleiche „SVV“ mit Alkoholismus, da diese Sucht zwar zum „Schlafen“ gebracht werden kann, jedoch immer wieder im vollständigen Ausmaß zurückkehrt, wenn man es nur ein einziges Mal wieder tut.

Mögliche Ursachen für diese, ja, man kann schon sagen, Krankheit sind unter anderem:
-> emotionale Vernachlässigung
-> psychischer Missbrauch
-> sexueller Missbrauch
-> erhebliche Verletzungen in der Kindheit
-> Depressionen
-> verschiedene Traumata
-> Gefühl der Wertlosigkeit
Man kann nicht alle Beweggründe auflisten, die zum „Selbstverletzendem Verhalten“ führen können, da es viel zu viele sind. Die oben aufgelisteten Gründe treten jedoch sehr häufig als Ursachen auf.

Warum greift der Mensch zur Selbstverletzung?

-> um sich zu bestrafen, weil man sich für etwas schuldig fühlt
-> um Erfahrungen zu verarbeiten
-> um das Gefühl zu erlangen „am Leben zu sein“
-> um Frust auszudrücken
-> um eine Art Hilferuf an sich selbst zu übermitteln
-> um vor der inneren Leere zu flüchten
-> um Spannung abzubauen
-> um inneren Schmerz auszudrücken

Wie oben gesagt kann man auch hier keine verallgemeinernden Aspekte finden, da sie bei jedem Betroffenen unterschiedlich sind.
Man wird bei dieser Art von „Problembewältigung“ von Gefühlen, wie zum Beispiel Wut, Überforderung, Schuldgefühlen und Kontrolle über den eigenen Körper, begleitet.
Diese Gefühle sind Ursachen für das Fortführen dieser Selbstverletzung. Dies tun die Betroffenen auch, da sie Angst haben, ihre inneren Gefühle und Aggressionen freien Lauf nach außen zu lassen, daher richten sie, zum Beispiel ihre Aggressionen, gegen sich selbst.

Es gibt unterschiedliche Wege für einen „SVVler“, sich „Luft“ zu verschaffen. Im Folgenden werden einige der Methoden aufgelistet:
-> schneiden mit scharfen Gegenständen (ritzen)
-> sich schlagen
-> seine Augen verletzen
-> sich beißen
-> sich verbrennen oder verbrühen
-> seine Nägel beißen
-> sich seinem Schlaf entziehen
-> exzessiver Sport
-> sich seine Haare ausreißen
-> Wundheilung verhindern

Es gibt noch unzählige weitere Methoden, um sich selbst Schmerzen zuzufügen, jedoch sind dies die am häufigsten vorkommenden. Abhängige führen oftmals nicht nur eine Art der Selbstverletzung durch, sondern verwenden mehrere Methoden, um sich Schmerz zuzufügen.
Man kann keine Aussage darüber treffen, welche Menschen gefährdet sind. Es sind Menschen wie du und ich, die dieser Sucht verfallen, weil sie zum Beispiel nicht mehr mit ihren Problemen fertig werden.
Egal, ob reich, arm, dünn, dick, arbeitslos, erfolgreich, gebunden oder alleinstehend.
Es sind in hohem Maße Frauen betroffen, da nach einer Studie weibliche Menschen so erzogen werden, ihre Konflikte nicht nach außen zu tragen, sondern mit sich selbst auszumachen.
Dies soll jedoch nicht heißen, dass keine Männer von dieser Sucht betroffen sind.

Dies soll unter keinen Umständen ein Leitfaden für Menschen sein, die dies machen wollen. „SVV“ ist eine ernste Sache und die Verletzungen sind grausam.
Es ist keinem Menschen zu wünschen, dass er diese Dinge am eigenen Leib erfahren muss.

Nun wohl zum Wichtigsten überhaupt: Der Therapie

Zu einem Psychologen oder zu einer Selbsthilfegruppe zu gehen, ist der Weg, zu dem sich viele erst sehr spät entschließen. Die Gründe sind vielfältig, unter anderem die Scham zugeben zu müssen, dass man ein Problem hat und die Hilfe anderer in Anspruch nehmen muss. Auch die Nichterkennung oder die Verleugnung der Sucht ist ein weiterer Grund.
An dieser Stelle möchte ich nachdrücklich betonen, dass es nicht von Schwäche, sondern von Stärke zeugt, wenn man sich seinen Problemen stellt und fremde Hilfe annimmt. Man muss sich dessen nicht schämen.
Es ist der erste Weg zu einem Neubeginn, einer völlig neuen Art des Lebensgefühls.

Was kann man selbst gegen „SVV“ tun?

-> Sich jemandem anvertrauen (Freunden, einem Therapeuten, dem Krisentelefon)
-> Seine Gefühle aufschreiben (Gedichte, Tagebuch, Liedtexte)
-> Seine Gefühle versuchen in Kreativität umzusetzen (malen, zeichnen,.)
-> Wenn man kurz davor ist, sich zu verletzen, hinterfragen (Warum?)
-> Versuchen den Drang hinaus zu schieben
-> Die Aggressionen gegen etwas anderes richten, zum Beispiel auf ein Kissen schlagen
-> Seinen Gefühlen freien Lauf lassen (weinen, mit jemandem darüber reden)
-> Sich von seinem „Zwang“ ablenken
-> Die Gegenstände, mit denen man sich verletzt, verstecken (an einem Ort, an den man nicht ohne weiteres heran kommt)
-> Sich selbst für jeden Tag ohne Verletzung belohnen und bewusst stolz auf sich sein

Hier noch einige Foren im Internet, die eine informierende und helfende Funktion übernehmen könnten:

www.rotetraenen.de
www.rotelinien.de
www.wildmieze.de
www.versteckte-scham.de
www.hilfezurselbsthilfe-online.de

Artikel: Florian Wohlfarth Zeichnungen: Florian Wohlfarth

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