Landleben für Kinder in Litzirüti – Leben im Paradies vom Paradies

Ich hatte sie auf dem Dorffest in Litzirüti kennengelernt: Mutter Dorothea Davidson und Mutter Nina Hardegger – zwei Schwestern, meine Nachbarn in einem Holzhaus auf der anderen Seite der Gleise. Ihre Kinder wuselten irgendwo auf dem Fest mit anderen herum. Ich machte mit Mutter Dorothea über ihr Landleben und das ihres Kindes ein Gespräch aus. Ich traf sie wieder, als der Schulbus die Kindergartenkinder ausspuckte – direkt an der Straße beim „Ramoz“ – ich ging neben Dorothea in der Kinderschar Richtung Holzhaus. Plötzlich legte sich eine kleine Hand in meine, so miteingeschlossen kamen wir am Holzhaus an. Das Mädchen und auch dieser und jener Junge, sie alle gehörten nicht zu Dorothea und Nina und doch waren sie wie eine Familie. Dann kam hier eine Mama, dort ein Papa und die Kinderschar verkleinerte sich von Minute zu Minute. Das war meine erste Begegnung mit dem Landleben der Kinder von Litzirüti: Litzirüti, eine große Familie, wo irgendwie alle Kinder allen irgendwie „gehören“, auf jeden Fall übernehmen alle für alle ganz selbstverständlich Verantwortung – ohne großes Palaver und hektisches Rumtelefonieren und Nachfragen.

„Wann machen wir das Interview?“, fragte ich Dorothea von unserer Terrasse, als sie mit Kind vor unserem Grundstück stand. „Nächste Woche!“, und ich dachte nach meinen Erfahrungen bei uns in Deutschland: Ausrede! Vergiss es! In der Woche drauf ging ich über die Gleise zum Holzhaus, davor spielten mehrere Kinder in einer Holzhütte – Zwischending zwischen Hundehütte und Mini-Haus, dazwischen Mutter Dorothea. „Wann machen wir das Interview?“, so recht glaubte ich sowieso nicht mehr dran. „Sofort!“ In mir: „Die will mich ‚verarschen‘!“ „Meinst du das ernst?“ „Klar!“ „Ich hole schnell mein Schreibzeug!“ In mir: „Wow!“ Kaum saßen wir am Tisch vor dem Holzhaus: Geklirr aus der Kinderhütte, Glas kaputt, Mutter Dorothea kam wenige Minuten später mit Scherben in der Hand zurück – total cool. „Hört auf mit dem Seich!“: Zwei Kinder hatten sich mit der Gießkanne begossen, klatschnass, Mutter Nina, total entspannt: Kind auf die Außentreppe gestellt, Nasses ausgezogen – ratzfatz  – trockene Kleidung an. Inzwischen war auch ein Papa gelandet – nicht mit dem Hubschrauber, sondern mit dem Gleitschirm – direkt auf der Wiese vor dem Haus.

Dann kam noch ein Nachbar mit dem Fahrrad, lieh sich verschiedene Sachen aus und setzte später seinen Sohn vor sich auf das Fahrrad und radelte nach Hause. An einem kleinen Tisch saßen die nun wieder getrockneten Kinder, vor sich Obst und ließen sich problemlos fotografieren. Dank des „Gleitschirm“-Papas sah es gut für unser Interview aus: Gedanken, Antworten sprudelten und Kindertränen wurden schnell nebenbei getrocknet, ohne das Gespräch zu unterbrechen, der eingeflogene Papa beschäftigte die Jungs. Es war wohltuend – die ruhige Selbstverständlichkeit dieser zwei Familien, auch in Blick auf ihr Umfeld, ich war in einer anderen Welt gelandet – ohne Gleitschirm –, einer Welt der Gelassenheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Eigentlich brauchte ich kein Interview mehr zu führen, ich hatte genug gesehen!

„Warum ist euch wichtig, dass eure Kinder hier in Litzirüti aufwachsen?“ Klare Frage, interessante Antwort: „Unsere Kinder sollen sich eine Nähe zum Leben bewahren, das Bodenständige!“ „Wenn man Wärme will, muss man Holz holen, vorher Bäume fällen, Holz spalten, es schichten und dann natürlich im Ofen verfeuern. Unsere Kinder können nicht einfach auf den Schalter drücken und dann ist die Wärme da! Sie lernen, für alles auch etwas zu tun: Holz sammeln oder auch Pilze. Im Garten die Kräuter, Kartoffeln und unterhalb im Stall sind Kühe, alles ist konkret, alles ist Realität und die Realität ist mühsam und anstrengend! Den einen ist der Komfort wichtig, uns das einfache Leben!“ „Wir leben hier in der Schweiz im Paradies, aber hier bei uns in Litzirüti ist es das Paradies vom Paradies!“ „Bei uns ist alles mehr vernünftig, weniger dramatisch!“ Und genau das hatte ich eine Stunde vorher erlebt – alles gelassen, ruhig, stressfrei, einfach wohltuend!

Die beiden Schwestern erzählten vom gegenseitigen Vertauen, mit den Nachbarn rede man, keinerlei Anonymität. Dieses gegenseitige Kennen mache die Lebensqualität aus, dazu noch Biken, Wandern, Gleitschirmfliegen und im Winter natürlich Skifahren. Und dann verrieten – mehr nebenbei – Dorothea und Nina noch ihr Bild von Männern: Ein Mann, der keinen Baum fällen kann, kein Verständnis für die Natur hat und zwei linke Hände, der käme für sie nie in Frage! Irgendein Anwalt – nie! Ein Velo-Mechaniker und ein Bauspengler-Meister, die konnten bei den Schwestern landen!

Artikel und Fotos: Klaus Schenck

Für alle Abiturienten, die Erpenbeck „Heimsuchung“ als Pflichtlektüre im Unterricht behandeln (Abitur 2026-28, deutschlandweit)

Wenn ihr den anspruchsvollen Roman von Erpenbeck im Unterricht durchnehmt, klärt zunächst, was „Heimat“ für euch bedeutet, und macht dies schriftlich. Das erleichtert euch den Zugang, ihr könnt euer Verständnis von Heimat mit dem der verschiedenen Personen im Roman vergleichen. Hier sind drei unterschiedliche Heimatbegriffe, drei unterschiedliche Formen gelebter Heimat – aus Deutschland und der Schweiz (Graubünden):

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Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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