Nach der Schule ans Theater:

Fachkraft für Veranstaltungstechnik

Das Publikum begibt sich zu seinen Plätzen. Der Zuschauerraum füllt sich unter dem Licht des gewaltigen Kronleuchters. Augen blicken auf den grandiosen Schmuckvorhang. Das Orchester spielt sich ein. Die erste Geige gibt den Ton zum Stimmen. Der Dirigent hebt den Taktstock zur Ouvertüre. Das Licht geht aus. Die Töne schwingen durch den Saal. Der Vorhang öffnet sich und die Vorstellung beginnt.

oder auch:

Rauchschwaden wehen über die Bühne. Aus Lautsprechern dröhnen ohrenbetäubend die ersten Schläge eines Intros. Mystisch wirkende Beleuchtung lässt das Publikum erwartungsvoll verharren. Die Band stürmt auf die Bühne. Die Masse aus Körpern beginnt sich im Takt zu bewegen, wie ein aufgewühltes Meer aus Köpfen und Armen. Schweiß schwängert die Luft. Ein Chor aus tausend Stimmen begleitet die Band auf ihrem Weg durch die Nacht.

Per Gessle „En händig man på turné“ (Stockholm 2007)

Klingt spannend! Ist es auch. Aber es ist auch nicht leicht. Man muss diesen Job lieben und für ihn leben. Sonst geht es nicht. Das Bild des Roadies, wie man es aus Hollywood Filmen kennt, ist längst überholt. Heute wird von einem Techniker um einiges mehr verlangt. Körperliche Fitness ist genauso gefragt wie eine klare Denkweise. Schließlich gefährdet man nicht nur sein eigenes Leben. Veranstalter, Künstler, Kollegen und nicht zuletzt die Besucher müssen geschützt werden.

Wer bin ich eigentlich und wie kam ich zu diesem Beruf? Mein Name ist Kersten Jakob. Nach meinem Abschluss an der Hauptschule und der Wirtschaftsschule besuchte ich das Wirtschaftsgymnasium, welches ich 2003 mit dem Abitur beendete. Meine ersten Erfahrungen als Theatertechniker sammelte ich bereits in dieser Zeit. Morgens arbeitete ich hart an meinem Abitur – abends beleuchtete ich in den Stuttgarter Musicaltheatern den „Tanz der Vampire“ und das „Phantom der Oper“, um mir etwas dazu zu verdienen. Schnell erkannte ich dabei meine Vorliebe für die Veranstaltungstechnik. Nach meinem Zivildienst entschied ich mich in dieser Branche zu bleiben und begann eine „einfache“ Dualausbildung in Stuttgart. Eigentlich sollte man glauben, es sei einfach einen Ausbildungsplatz mit Abitur zu bekommen, doch die Arbeitsmarktsituation sieht dies anders. Zwar konnte ich durch die Musicals Referenzen vorweisen, musste aber hart um einen Ausbildungsplatz kämpfen. Knapp 80% der Auszubildenden zur „Fachkraft für Veranstaltungstechnik“ besitzen Abitur und Fachhochschulreife. So zumindest in meinem Jahrgang. Es erwies sich relativ schwer einen Betrieb zu finden, welcher den Eintritt in eine der Landesfachklassen Baden-Baden sicherte. Die von den Betrieben erwünschten Anforderungen waren umfassend. Mathematische Kenntnisse, künstlerische Aspekte, Teamwork, Fremdsprachen, technisches Know-how waren genauso wichtig wie die sozialen Fähigkeiten mit Leuten umzugehen. Und aus eigener Erfahrung kann ich nur berichten, Künstler sind alles andere als leicht zu handhaben. Einstellungstests wurden genau so gerne gefordert wie Praktika, die zum Teil über ein Jahr hinweg gehen sollten. Ich hatte das Glück relativ schnell einen Betrieb zu finden.

Im Laufe der Ausbildung lernte ich nicht nur statische Berechnungen von Bühnenaufbauten anzufertigen, auch Mechanik, Elektrotechnik, Beleuchtungstechnik, Sicherheitstechnik und Tontechnik gehörten zu den Hauptinhalten des Ausbildungsplanes. Während die Erarbeitung eines Beleuchtungs- und Bühnenkonzeptes und der Beschallungsanlage zu den angenehmen Arbeiten zählte, mussten wir auch immer die trockene Versammlungsstättenverordnung berücksichtigen und berufsgenossenschaftliche Richtlinien befolgen, was nicht immer leicht war.

Open Air Bühnenaufbau am Sjöhistoriska museet in Stockholm

Die Durchführung einer Show war da schon schwerer. Nicht selten begann ein Tag bereits um 8 Uhr morgens. Verladen von Kulissen und Equipment. Lange Fahrten zum Veranstaltungsort. Ausladen und Aufbauen der Bühne. Hängen der Scheinwerfer. Mikrofonierung der Band, des Orchesters oder der Darsteller. Aufbau der elektrotechnischen und veranstaltungstechnischen Infrastruktur. Kontrolle auf Sicherheit. Programmieren des Lichtes. Soundcheck. Durchführung der Probe. Kurze Pause – wenn es mal eine gibt. 20 Uhr: Showtime! 23 Uhr Abbau und zurück ins Lager. 15 bis 16 Stunden-Schichten. Leider keine Seltenheit. Wochenendarbeit – die Regel. Es wird dann gearbeitet, wenn andere feiern. Man muss für diesen Job leben, sonst geht es nicht.

So vielseitig und interessant dieser Beruf auch ist, so anstrengend ist er. Man sollte sich gut überlegen, was und wie man es anpacken möchte. Leichter wie zur Schulzeit wird es bestimmt nicht mehr. Und dies gilt für jeden Schritt, den man nach dem Abitur geht. Nicht nur in meiner Branche, allgemein werden die Anforderungen immer weiter steigen.

Mein Arbeitsplatz – das Tonpult

Doch der Schweiß und die Mühen zahlen sich aus. Als freischaffender Künstler, Ton- und Lichttechniker habe ich so manche Erfahrungen an Theatern, Musicalhäusern, Stadthallen, Festivals und Open Airs gesammelt. Meinen Abschluss feierte ich als Landesbester, wodurch mir so ziemlich jede Türe offen steht. Doch Stillstand ist wie so oft im Leben eine gefährliche Sache. Neue Techniken und Anforderungen drängen auf den Markt. Die Anzahl der Fachkräfte steigt jedes Jahr und Quereinsteiger drücken den Preis nach unten. Das sind einige Gründe für mich, nun auch den Meistertitel zu erarbeiten.

Artikel: Kersten Jakob

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