Am PC sitzen und Kaffee trinken? Mein Praktikum bei der Tauber-Zeitung

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Um mich kurz vorzustellen: Mein Name ist Janine Ponzer, ich bin 15 Jahre alt. Wie andere Jugendliche in meinem Alter gehe ich täglich zur Schule, pflege meine Hobbys und treffe mich in der Freizeit mit Freunden. Worüber diese oftmals staunen: Ich weiß schon sicher, welchen Beruf ich später ausüben möchte – es ist schon lange mein Traum, Journalistin zu werden. In der 9. Klasse habe ich ein Berufspraktikum bei dem SWR-Radiosender DASDING absolviert. Vom Arbeitsalltag in den verschiedenen Redaktionen war ich begeistert. Das war für mich eine neue Welt: Songs anmoderieren, bei den Dreharbeiten von DASDING.tv dabei sein und Texte zu den neuesten Kinofilmen sowie aktueller Musik schreiben. Ich finde, dass Journalismus nicht erst bei den großen Rundfunkanstalten beginnt, sondern bereits direkt vor Ort in den lokalen Zeitungen, die tagein, tagaus über das berichten, was in der Umgebung und auch in der großen, weiten Welt passiert. Deshalb entschied ich mich im vergangenen Jahr dazu, in den Sommerferien ein Praktikum in einer Lokalredaktion abzuleisten. So kam ich zur Tauber-Zeitung nach Bad Mergentheim.

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Was macht man denn schon „Großes“ bei einer Zeitung? So mancher vermutet: den lieben, langen Tag am PC sitzen und die ach so spannenden Geschichten über Politiker und verschuldete Länder abtippen, damit sie dann auf viel zu großen Blättern abgedruckt werden, die nicht einmal zusammengeheftet sind und von Leuten gelesen werden, die sich darüber ärgern, und währenddessen die ganze Zeit über Kaffee trinken, um nicht einzuschlafen. Ich durfte erleben, dass diese Vorurteile absolut nicht mit dem Alltag eines Zeitungsjournalisten übereinstimmen. Davon möchte ich nun berichten.

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Der überregionale Teil wird von den Redakteuren der Zentralredaktion in Ulm zusammengestellt. Die Lokalredaktion ist – wie der Name schon sagt – für den Lokal- und Regionalteil zuständig, in diesem Fall eben Bad Mergentheim und die Region. Wichtige Eindrücke und Erfahrungen konnte ich durch die Teilnahme am täglichen Arbeitsablauf in der Redaktion, dem Erstellen einer Umfrage und dem Verfassen einer Zeitungsnachricht sammeln. Gleich am ersten Tag wurden mir von einem der Redakteure der Aufbau einer Zeitung und die grundlegenden Schreibnormen erläutert: Man beginnt niemals mit „Am TT.MM. (natürlich ohne Jahreszahl, denn jeder Zeitungsleser sollte wissen, in welchem Jahr wir uns befinden) zur Uhrzeit X und am Ort Y…“; am Anfang steht immer der Ort, und Zahlen von eins bis zwölf werden ausgeschrieben. Und vieles mehr. Natürlich kann man sich das als Neuling auf die Schnelle nicht alles merken. Eine meiner Hauptaufgaben bestand im Redigieren (nahezu endlosem Redigieren!). Da ich dieses Wort vorher nicht kannte und ihr es möglicherweise auch nicht kennt, erkläre ich es kurz: Personen oder Firmen mailen Artikel, Berichte oder Meldungen an die Redaktion oder senden sie mit der Post. Mithilfe der bereits genannten Regeln werden die Texte „bereinigt“ und in das vorgegebene Format eingepasst. Wichtig ist dabei, dass man keine wichtigen Informationen wie Ort, Zeit und Datum auslässt und somit den Text verfälscht. Da viele solcher Texte die Redaktion erreichen, muss eben auch viel redigiert werden. Das kann durchaus interessant sein, je nachdem, welche Meldungen man rein bekommt. Immerhin gehört man zu den ersten Eingeweihten, die erfahren, was passiert ist. Auch wenn nicht jeder Polizeibericht erfreulich ist – genau dieses „immer informiert sein“ ist es, was mir am Journalismus so gefällt.

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Eine meiner weiteren Aufgaben war, eine Umfrage zu erstellen. Dazu benötigt man eine Fragestellung sowie Menschen, die bereit sind zu antworten und nicht zu scheu, sich für die Zeitung ablichten zu lassen. Solche Leute zu finden ist, wie ich inzwischen weiß, wirklich nicht einfach. Meine Frage lautete: „Was macht für Sie den perfekten Sommertag aus?“ Zugegeben, ich war bei der Suche nach einem guten Thema nicht sehr kreativ, aber es ist immerhin eine Frage, auf die jede Person antworten kann. Ausgerüstet mit Kamera und Schreibzeug, lief ich an jenem, ideal zum Thema passenden, Sommertag durch Bad Mergentheims Altstadt, um fünf Personen zu suchen, die mir auf diese Frage antworten würden. Aber das dauerte zunächst eine gefühlte Ewigkeit, bis ich vor einem Eiscafé auf die ersten beiden Freiwilligen stieß, die schon ein Fünftel meines Artikels bildeten. Es braucht durchaus Mut und Ausdauer, immer wieder auf Leute zu zugehen, in deren Augen man deutlich lesen kann: „Hilfe, fremder Mensch mit Kamera und Schreibzeug!“ Umso erleichterter bist du, wenn du schließlich jemanden triffst, der nicht gleich die Flucht ergreift, sobald du ihn nur ansiehst. Ich kam mit den unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch: mit Straßenmusikern, Gästen aus dem Ausland und sogar Leuten, die selbst einmal bei der Tauber-Zeitung gearbeitet haben. Es ist auch ganz nett, wenn die Interviewten nach der Teilnahme an der Umfrage selbst anfangen, Fragen zu stellen, und damit eine unverbindliche, freundliche Konversation beginnen. Das hat mir während meiner kleinen Exkursion geholfen, nach „neuer Beute“ Ausschau zu halten. Die Altstadt von Bad Mergentheim ist nicht besonders groß, wodurch sich die Anzahl der möglichen Kandidaten vermindert. Deshalb lief ich die meiste Zeit im Kreis durch die Innenstadt, in der Hoffnung, neuen Leuten zu begegnen. Am längsten dauerte es schließlich, die fünfte Person zu finden. Als ich das letzte Interview geführt und das letzte Foto geschossen hatte, war ich sehr erleichtert und stellte verwundert fest, dass ich für die Umfrage nicht viel länger als eine Stunde benötigt hatte – mir kam das viel länger vor.

Zu der Aufgabe, die mir am besten gefallen hat, kam ich durch die spontane Idee eines Redakteurs. Zeitgleich mit meinem Praktikum lief in Bad Mergentheim das zweiwöchige Kinderferienprogramm „Kinderspielstadt“. Auch dorthin machte ich mich mit meiner Ausrüstung auf den Weg, um mir zunächst vor Ort einen Einblick zu verschaffen und später meine Zeitungsnachricht zu verfassen. Auf einem Schulgelände war eine „Stadt“ aufgebaut, mit vielen verschiedenen „Firmen“ als „Arbeitsplätzen“, an denen die Kinder beschäftigt waren. Es gab beispielsweise eine Bäckerei, ein Postamt, ein Polizeibüro, ein Rathaus und natürlich auch eine Zeitungsredaktion. Zunächst führte mich die Leiterin des Ferienprogramms herum und erklärte mir das Projekt. Ich stellte zahlreiche Fragen und schoss mindestens genauso viele Fotos. Als die Leiterin und ich die „Zeitungsredaktion“ besuchten, war das für mich wirklich lustig, da sie mich den Kindern als „echten Profi auf dem Gebiet“ vorstellte. Nach meinem mehrstündigen Ausflug kehrte ich in die richtige Redaktion zurück, um mich sogleich an meinen Artikel zu machen. Dabei muss man erst einmal ein Gespür dafür entwickeln, wie man die vielen Informationen sinnvoll ordnet. Besonders Überschriften bereiteten mir anfangs Schwierigkeiten, da viele meiner Ideen meistens nicht in die vorgegebene (viel zu kurze) Zeile passten. Aber durch die freundliche Hilfe der lieben Redakteure, konnte ich auch diese Aufgabe erfolgreich bewältigen und war richtig stolz, als ich schließlich die fertige Nachricht in der Zeitung abgedruckt lesen konnte.

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 Mit diesem Bericht über mein Zeitungs-Praktikum möchte ich niemanden überzeugen, Journalist zu werden. Durch Herrn Schencks Anregung, für die Schülerzeitung einen Artikel über mein Praktikum zu schreiben, konnte ich noch einmal reflektieren, was ich in jener Woche, die schon länger als ein halbes Jahr zurückliegt, gelernt und mitgenommen habe. Dabei wurde mir auch bewusst, welche Verantwortung man als Journalist trägt, da man die erhaltenen Aufträge annehmen und mit ganzem Einsatz durchführen muss, auch wenn es einem anfangs schwierig erscheint. Allerdings finde ich es reizvoll, mich immer wieder neuen, überraschenden Aufgaben zu stellen. Für Journalisten ist es wichtig, stets neugierig zu bleiben und Fragen zu stellen, um auch Hintergründe erfassen und Zusammenhänge verstehen zu können. Falls erforderlich, auch mit viel Geduld und großer Hartnäckigkeit. Der Beruf einer Journalistin ist sehr vielfältig, weil man oft hautnah am aktuellen Geschehen ist und dabei in der Lage sein muss, flexibel zu reagieren. Man sitzt auch nicht den ganzen Tag faul (oder hektisch) am PC und trinkt Kaffee, sondern beschafft sich im aktiven Journalismus seine Informationen selbst. Der Arbeitsalltag bringt zwar auch typische Routinearbeiten mit sich, kann jedoch von einem Augenblick zum nächsten sehr lebendig werden. Einige Freunde sagten schon zu mir: „Du wirst doch in zehn Jahren auf keinen Fall das machen, was du dir heute vorstellst!“ Nach bisherigen Erfahrungen während meiner Praktika beim Südwestrundfunk, bei der Mädchenzeitschrift „Bravo Girl!“ und bei der „Tauber-Zeitung“ entspricht kein anderes Berufsfeld so sehr meinen Vorstellungen, wie Medien und Journalismus. Deshalb werde ich dieses Ziel engagiert weiter verfolgen; meine nächste Station ist in den kommenden Pfingstferien der Bayerische Rundfunk.

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