Ausbildungsberuf: Kauffrau für Bürokommunikation

Nach der Schule ist vor der Schule

18:00 Uhr und ich bin gerade vom Arbeiten nach Hause gekommen. Das Haus habe ich kurz nach 07:00 Uhr verlassen. Aufgestanden bin ich um 06:00 Uhr. Pause hatte ich ca. 30 Minuten, in dieser ich schnell was gegessen und mal kurz frische Luft geschnappt habe.
Feierabend!? Nein, das war es leider noch nicht für heute. Ich werde nach einer kurzen Pause noch meine Schulbücher aufschlagen und für die nächste Arbeit lernen…
Zwar ist nicht jeder Tag so stressig, aber dies passiert schon hin und wieder mal. Umso länger man in der Ausbildung ist, umso mehr Aufgaben und Verantwortung werden einem übertragen. Ich darf zum Beispiel im dritten Lehrjahr die Urlaubsvertretung übernehmen.
Die schöne Zeit nach der Schule heimzukommen und noch kurz Hausaufgaben zu machen (wenn man Lust hat!) und dann seine Freizeit zu genießen, ist leider vorbei. Ich musste meinen Tagesablauf komplett neu planen.

In der Ausbildung zählt jeder Tag, das merke ich immer wieder. Ich kann nicht verschlafen ins Geschäft kommen und einfach den Tag an mir vorbei laufen lassen. Ich habe Verantwortung und wenn mir Fehler unterlaufen, dann muss ich auch für diese gerade stehen. Zusätzlich werde ich ständig von meinem Abteilungsleiter beobachtet, dieser beurteilt mich ca. jedes halbe Jahr. Dazu lebt man als Auszubildender immer unter dem Druck, dass man sich gut präsentieren muss, weil das ja für eine spätere Übernahme sehr bedeutend ist. Ebenso ist das qualifizierte Arbeitszeugnis für meine weitere berufliche Laufbahn sehr wichtig.
Worüber ich mir als Schüler auch keinen Gedanken gemacht habe, ist das Thema Urlaub. In einem Zeitraum von 8 Wochen haben Schüler immer wieder Ferien. Im Arbeitsleben angekommen, merkte ich erst mal, was das für ein Luxus ist. Ich muss mit 26 Tagen Urlaub im Jahr auskommen. Das sind gerade mal 5 Wochen! Da sind ja sogar die Sommerferien länger!
Interessant ist dann auch noch das Thema Überstunden: In meinem Betrieb habe ich noch Glück, hier kann ich meine Überstunden mit Freizeit ausgleichen. Wenn ich mich da aber in meiner Berufsschulklasse umhöre, dann muss ich feststellen, dass die meisten ihre Überstunden weder bezahlt noch als Freizeitausgleich zurück bekommen.
Auch wenn die Ausbildung viele Umstellungen mit sich bringt, ist doch das Gehalt am Ende des Monats eine sehr angenehme Sache! Was gibt es Schöneres, als von seinem selbst erarbeiteten Geld sich etwas zu leisten?!

Jetzt nach 3 Jahren Arbeiten, Schule und wenig Urlaub habe ich mich entschieden wieder ins schöne Schülerleben zurückzukehren. Ich werde mein Abitur in Berlin nachholen. Nach der Ausbildung sehe ich das Leben oder auch die Wichtigkeit der schulischen Leistung ganz anders. Man nimmt vieles ernster und weiß auch, um was es später mal geht. Ich habe in den drei Ausbildungsjahre viel gelernt, aber auch herausgefunden, dass dieser Job nicht der meines Lebens ist. Ich bin froh, dass es in unserem Bildungssystem die Möglichkeit gibt, sein Wissen jederzeit zu erweitern und neue Wege einzuschlagen. In diesem Sinne: Nach der Schule ist vor der Schule! Wissen ist unser Kapital!

Artikel: Charlotte Hitzfelder

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