Es irritierte mich in meinen aktiven Lehrer-Jahrzehnten, jungen Menschen zu begegnen, die mir in alltagspraktischen Dingen oft zur Hilfe wurden – vom Computer über das Internet bis zu Online-Buchungen, deren volles Engagement aber dem Handy, „social media“ und dem digitalen Wunsch-Ich galt. Diese Menschen waren sich selbst Fremde, Unbekannte im „eigenen Haus“, das Eigene ihre „terra incognita“ – ihr unbekanntes Land, aber es berührte sie nicht groß. Im Abstand von wenigen Sekunden, nicht Minuten, wurde ständig das Handy hochgerissen, um zu schauen, wer was geschrieben, gelikt und geschickt hat. Jeder gedankliche Freiraum wurde mit Informationsflut zugekleistert. Jedes Warten, jedes Gehen, jedes Joggen – Kopfhörer auf, Stöpsel ins Ohr. Und irgendwann standen die jungen Menschen vor Entscheidungen: Ausbildung, Studium, Fachrichtung?, existentiellen Fragen, die sie bis zum letzten Augenblick hinausgezögert hatten: Woher komm‘ ich, wo steh‘ ich, wohin geh‘ ich, also: wer bin ich? Entscheidende Fragen eines gelingenden Lebens wurden dann gestresst, unter Zeitdruck und mit einem Irgendwie – mehr schlecht als recht – beantwortet. Die eigentlich ehrliche Antwort hieß: kein Plan! Wie oft hatte ich diese zwei Wörter gehört, aber es folgten ihnen kein intensives Bemühen um einen, es ging nur darum, die Anfrage an das eigene Leben alltagstauglich, schnellstmöglich in Übereinstimmung mit den allgemeinen Erwartungen des Umfeldes und der Freunde zu beantworten.
Aus diesen Erfahrungen, Beobachtungen und Schul-Erlebnissen heraus entstand in mir die Idee, jungen Menschen ein Angebot zu machen, das ihnen nicht aufgedrängt wird, bei dem sie sich nicht gegen uns Alte verteidigen oder sich rechtfertigen müssen, ein Angebot, das sie selbst wählen – in der Stille, unbeobachtet. Wir älteren Erwachsenen geben im Rückblick auf unsere Lebens-Jahrzehnte Antwort auf die drängenden, in heutiger Zeit oft verdrängten Fragen: Was hat sich in unserem Leben bewährt, welche Werte, welche Persönlichkeitseigenschaften, welche Konstellationen, welche Bindungen? Wem oder was haben wir uns hingegeben, wofür gekämpft, wer wurden wir wodurch, was beglückte uns und machte uns erfolgreich? Ein ehrlicher, selbstkritischer Brief an die Jugend von ungefähr einer Seite (Arial 12) – nicht länger! Im Zentrum steht das Gelingen, nicht das Scheitern, im Zentrum der Weg und nicht der Irrtum.
Welche im Leben bewährten Erfahrungen würden wir unseren Kindern, Enkeln, unseren Schülern und Studenten in einem kurzen Brief nennen? Es bedarf Menschen meiner Generation, die zu dieser Ehrlichkeit, zu diesem Lebens-Resümee bereit sind und so jungen Menschen eine Palette an Lebensstrategien anbieten. Auf meine beiden Homepages gehen fast ausschließlich Oberstufenschüler. Ich gebe ihnen auf meinen Internetkanälen massenweise Tipps für ein erfolgreiches Abitur, aber das Leben endet nicht mit dem Abitur, dieses ist nur der Zugang zu neuen Welten und Herausforderungen. Was trägt in den Jahrzehnten danach – nach Schule, Noten und Partys? Diese kurzen und doch so intensiven Briefe sind die Antwort darauf – machen Sie doch bitte mit!
„Das – ist nun mein Weg – wo ist der eure?« so antwortete ich denen, welche mich »nach dem Wege« fragten. Den Weg nämlich – den gibt es nicht!“ (Nietzsche/„Also sprach Zarathustra“)
Klaus Schenck
Links zur Werte-Brief-Aktion
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Einzelne Werte-Briefe:
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- Dr. Martin Lowsky: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-4-werte-lowsky-artikel-kopfzeile.pdf
- Ursula Burkert: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-5-burkert-werte-artikel-kopfzeile.pdf
- Alois Gerig: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-6-gerig-werte-artikel-kopfzeile.pdf
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