In der deutschen Stadt, die niemals schläft: die Jugendmedientage 2014

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In Frankfurt am Main scheint das rastlose Tagesgeschehen kein Ende zu nehmen. Um jederzeit aktuell über Börse, Finanzpolitik und Lokales zu berichten, sind in der „kleinsten Metropole der Welt“ (so Oberbürgermeister Peter Feldmann) viele Journalisten und Medienunternehmen vor Ort. Nicht nur deswegen befanden die Organisatoren Mainhattan für den perfekten Gastgeber, um das 10. Jubiläum der Jugendmedientage auszurichten. Die kulturelle Vielfalt des Stadtlebens verleiht dem diesjährigen Motto „ZwischenWelten“ besonderen Nachdruck. Rund 400 Jugendliche und junge Erwachsene reisten am 6. November aus ganz Deutschland an. Vier Tage lang machten sie sich ein Bild vom Flair, den Medien und der „Schlaflosigkeit“ in der Mainstadt.

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Innerhalb des Rahmenprogramms besuchte jeder Teilnehmer unterschiedliche Stationen, die man einige Wochen zuvor online hatte wählen können. Für die medienbegeisterten jungen Leute hielt das Wochenende spannende Workshops und Redaktionsbesuche sowie anregende Erzählcafés und Podiumsdiskussionen bereit. Natürlich kam auch der gemütliche Austausch mit anderen Teilnehmern und erfahrenen Medienexperten an den bunten Abenden nicht zu kurz. Dieser Bericht fokussiert sich auf drei Programmpunkte, die zeigen, was die Zeit auf den Jugendmedientage so wertvoll macht: Erfahrungsaustausch, Neugier und Spaß am „Medienmachen“.

Arbeiten, um zu reisen – Reisen, um zu arbeiten

So lautet das traditionelle Motto, unter dem sich Handwerksgesellen auf die Walz begeben. Nach Abschluss ihrer Lehre gingen sie auf Wanderschaft. Ziel war es, sich neue Arbeitspraktiken anzueignen, Land und Leute kennenzulernen sowie Lebenserfahrung zu sammeln. Auch Jessica Schober tat dies: Nach ihrer Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ging sie auf die „Wortwalz“. Mithilfe einer Crowdfunding-Aktion erfüllte sie sich den Wunsch, einen Sommer lang gegen Verpflegung und Unterkunft für verschiedene Lokalzeitungen zu arbeiten. Die „Wanderschaft“ sollte im Umkreis von 50 Kilometer um ihren Heimatort stattfinden. Für Zugreisen und Hotelzimmer durfte sie kein Geld ausgeben; Handy und Laptop blieben auch daheim. Nur ihr „Werkzeug“ und Material hatte sie im Gepäck: das Fragestellen und die Buchstaben.

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Journalismus ist auch ein Handwerk: Während der Ausbildung lernt man die Grundlagen, vertieft und perfektioniert wird es jedoch erst in der Praxis. Das wollte Jessica mit der „Wortwalz“ und dem ergänzenden Blog zeigen. Außerdem bot sie ihre schreibende Hand nur Lokalredaktionen an. So wie dort der Grundstein für das Handwerk gelegt wird, liege dort auch die Zukunft der Medien. In jeder Redaktion gewann Jessica neue Erkenntnisse für ihren Beruf: neue Recherche-Techniken, hilfreiche Computer-Programme, und auch Tipps für die Leserbindung. Auf ihrer Reise durch den deutschen Lokaljournalismus überprüfte sie ihr Erlerntes auf seine Anwendbarkeit, erfuhr aber auch, wie das Leben gelegentlich Oberhand über die eigenen Pläne gewinnt. Deswegen dauerte die „Wortwalz“ am Ende länger als drei Monate und einen Tag (angelehnt an die drei Jahre und einen Tag der Wandergesellen). Für die JMT brachte sie drei Anekdoten mit, um sie den Nachwuchsjournalisten mit auf den Weg zu geben. Sie selbst hatte mit 16 Jahren selbst das erste Mal an der Veranstaltung teilgenommen.

„Wer sich nicht zu fragen traut, taugt nicht für den Beruf“

Ähnlich wie bei vielen Teilnehmern der JMT liegen auch die Anfänge von Dr. Ingo Nathusius bei der Schülerzeitung. Heute ist er Chefkorrespondent beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Als Referent des Erzählcafés „Von der Schülerzeitung zur Tagesschau“ stellte er schon bei der Workshop-Wahl klar: „Hier werden keine blöden Vorträge gehalten, hier wird geredet.“ Wer nach Antworten sucht, müsse die richtigen Fragen stellen – das sei die erste Hürde zum Journalismus.

Viele angehende Journalisten studieren Kultur, Politik, Medien, Geschichte oder Sprachen. Auf die Frage, ob es abwegig sei, mit journalistischen Ambitionen Pharmazie, Informatik oder Geographie zu studieren, antwortete er: „Das ist definitiv abwegig. Und deswegen ist es gut.“ Mittlerweile sei der Journalisten-Markt überfüllt von Geisteswissenschaftlern – Dr. Nathusius ist selbst promovierter Politikwissenschaftler. Auch in beliebten Studienfächern wie Wirtschaft oder Jura gebe es eine Vielzahl von Nachwuchsjournalisten. So wie sich der Journalismus und die Informationskanäle stetig entwickeln und erneuen, verändert sich auch der Bedarf an Experten auf den unterschiedlichen Wissensgebieten: weg von den Geisteswissenschaften hin zu Naturwissenschaften, Mathematik und Medizin.

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Selbst gemacht: Unsere eigene NEON

Die meisten Leute unserer Generation kennen dieses Magazin – die NEON mit ihrem „unnützen Wissen“, den „ehrlichen Kontaktanzeigen“ und dem monatlichen Herz. Im ausgewählten Intensivworkshop durften wir eine Sonderausgabe der NEON erstellen. Unterstützt wurden wir dabei von der NEON- Redakteurin Fiona Weber-Steinhaus und dem NEON-Grafiker Jan Lichte. Schon bei der Begrüßung hatten sie uns darauf hingewiesen, dass der NEON-Workshop immer zuletzt zum Abendessen antritt – dafür aber umso mehr Spaß hat.

Gemeinsam brainstormten wir über Themenvorschläge, Lieblingslieder und Fakten, die kein Mensch braucht. In Gruppen aufgeteilt fotografierten, interviewten und rezensierten wir. An der Titel-Story „Warum es noch nie so toll war, Single zu sein“ schrieben wir zu viert. Dabei zeigte sich, dass das auch als Team funktioniert. Zunächst gliederten wir das Thema in vier Bereiche, von denen jeder einen übernahm. Danach hatten wir eineinhalb Stunden Zeit zu recherchieren, zu schreiben, kreativ zu sein. Schließlich lagen vier Texte vor uns, die es nun zusammenzupuzzeln galt. Das klang nach einer komplizierten Aufgabe, doch wir stellten schnell fest: Jeder hatte wichtige Aspekte aufgegriffen, auf die die anderen nicht gekommen wären. Und durch unsere Teamarbeit gelang es uns, die vielfältigen Ideen in einen einheitlichen Text zusammenzufügen. Gegen 21 Uhr wurde schließlich die fertige Digitalausgabe unserer eigenen NEON an die Leinwand gebeamt und wir durften unser Werk stolz betrachten.

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Ein Stückchen Jugendmedientage bleibt

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Es ist immer wieder faszinierend, was man von „den alten Hasen“ lernen kann, die ihren Berufsweg ebenfalls häufig mit dem typischen „Kaninchen-Züchterverein-Bericht“ begonnen haben. Der beste Tipp: zuhören, fragen und aktiv werden. Ob es um Schule, Beruf oder Freizeit geht: Im Austausch mit anderen – gleichgesinnt oder andersdenkend – wird man stets um eine Sichtweise reicher. Während den Jugendmedientagen bietet sich die Möglichkeit, auf diese Weise seinen Horizont zu erweitern. Der Erfahrungsaustausch mit unterschiedlichen Personengruppen regt an, motiviert und macht Mut.

Fotos: Tim Nikischin

Materialien für Lehrer und Schüler

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