Oft höre ich, dass es verrückt sei, mit dem Fahrrad 10.000 Kilometer nach Asien zu radeln. Dass es bestimmt eine große Portion Mut benötige, um in so viele ferne und fremde Länder zu reisen. Dass es wagemutig sei, ein ganzes Jahr unterwegs zu sein und morgens nie zu wissen, wo man abends schlafen wird.
Auch ich selbst habe mir die Frage nach der Motivation hinter diesem Projekt der Radreise nach Asien gestellt. Wieso mache ich das? Wieso quäle ich mich mit 25kg Gepäck beladen Berge hoch? Wieso setzte ich mich dem Ungewissen so aus?
Ich denke letztendlich ist es eine Frage der Perspektive. Denn auch, wenn ich Anstiege hochstrample, werde ich danach mit einer tollen Aussicht und Abfahrt belohnt. Auf das Gefühl der Ungewissheit folgt das Gefühl der wohligen Sicherheit, wenn man abends einen Platz zum Schlafen gefunden hat. Kurz gesagt: für jedes Bergauf gibt es auch ein Bergab.
Genau diese Achterbahnfahrt ist es, was die Reise für mich ausmacht. Ich will Glück und Schmerz erfahren, ich will mich stolz und niedergeschlagen fühlen. Ich will mein Leben in allen Facetten leben und mich von dem Ungewissen von morgen treiben lassen.
Eine weitere Motivation sind die vielen goldenen Momente der Reise. Ich denke daran, vielen herzlichen Menschen zu begegnen, fremde Länder zu erkunden, Tradition mitzuerleben und unterschiedliche Mentalitäten kennenzulernen. Vor allem aber freue ich mich darauf, meine eigenen unschätzbaren Erfahrungen zu machen, in meinen Entscheidungen gänzlich frei zu sein und danach meine eigenen unglaublichen Geschichten erzählen zu können.
Nach all meinen Überlegungen kam ich also zu dem Fazit: Wie weit sind schon 10.000 Kilometer? Wie lang ist schon ein Jahr?
Artikel und Fotos: Sophie Scheifele
Instagram: @thinklesscyclemore
Sophie war meine Schülerin in „Deutsch“ und „Religion“ während der gesamten Oberstufenzeit am Wirtschaftsgymnasium Tauberbischofsheim – mein letzter Abiturs-Jahrgang vor meiner Pensionierung.
Mutige Sophie,
genau diese Fragen habe ich mir auch gestellt. Und beim Lesen deines Artikels kam mir ein Text von Albert Schweitzer in den Sinn, der eigentlich genau das traf, was du tust, was dich treibt, was dir also Grund und Motivation sind. Ich möchte ihn dir Richtung Montenegro nachschicken, denn dort seid ihr im Moment.
Ich bin ein freier Mensch
Ich will unter keinen Umständen ein Allerweltsmensch sein.
Ich habe ein Recht darauf, aus dem Rahmen zu fallen – wenn ich es kann.
Ich wünsche mir Chancen, nicht Sicherheiten.
Ich will kein ausgehaltener Bürger sein, gedemütigt und abgestumpft, weil der Staat für mich sorgt.
Ich will dem Risiko begegnen, mich nach etwas sehnen und es verwirklichen, Schiffbruch erleiden und Erfolg haben.
Ich lehne es ab, mir den eigenen Antrieb mit einem Trinkgeld abkaufen zu lassen.
Lieber will ich den Schwierigkeiten des Lebens entgegentreten, als ein gesichertes Dasein führen; lieber die gespannte Erregung des eigenen Erfolgs als die dumpfe Ruhe Utopiens.
Ich will weder meine Freiheit gegen Wohltaten hergeben noch meine Menschenwürde gegen milde Gaben.
Ich habe gelernt, selbst für mich zu denken und zu handeln, der Welt gerade ins Gesicht zu sehen und zu bekennen:
Dies ist mein Werk!
Das alles ist gemeint, wenn ich sage: Ich bin ein freier Mensch.
Albert Schweitzer
In meinem „gesicherten Dasein“ denke ich immer wieder ein wenig sorgenvoll an dich und deinen Freund Eduard, auch wenn ich weiß, in welcher Präzision ihr die Reise zwei Jahre vorbereitetet.
Euch viel Erfüllung auf eurem einmaligen Fahrrad-Trip nach Asien
und Gottes Segen!
Klaus Schenck
Artikel vom Fahrrad-Asien-Trip
- Fahrrad-Asien-Trip mit Sophie: „Die Welt ruft“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-welt-ruft/
- Fahrrad-Asien-Trip mit Sophie: „Wo ist zu Hause – Vom Weggehen und Ankommen“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/wo-ist-zu-hause-vom-weggehen-und-ankommen/
Vom Ankommen, Bleiben-Wollen und Vertrieben-Werden, also von der Heimatsuche, handelt die neue deutschlandweite Pflichtlektüre ab dem Abitur 2026: Jenny Erpenbeck: „Heimsuchung“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/jenny-erpenbeck-heimsuchung-kostenloser-deutsch-abi-crashkurs/
Materialien für Lehrer und Schüler
- Alle Abi-Materialien auf einen Blick: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/abi-vorbereitung/ , Rückmeldungen zu den Abi-Sendungen: https://www.klausschenck.de/ks/deutsch/index.html und Power-Paket für Abi-Kämpfer: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/gesamt-strategie-fuer-abi-kaempfer/
- Werbung für den Psychologie-Unterricht als Freiraum für junge Menschen – besonderer Schwerpunkt: „Magersucht + Essstörungen“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/werbung-fuer-den-psychologie-unterricht-als-freiraum-fuer-junge-menschen-besonderer-schwerpunkt-magersucht-essstoerungen/
- „Die Stillen in der Schule“ – Ermutigung + Strategien bei Introversion – zum Lesen, Ausdrucken und Anhören: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-stillen-in-der-schule-1-vom-glueck-der-introversion/
- „Jugend im Selbstspiegel“ – eigene Texte mit Zeichnungen, präsentiert in einer öffentlichen Lesung: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/der-mensch-mit-dem-schizophren-denkenden-herzen-und-der-verwirrten-seele/
- „Handy, Schule und unser Gehirn“, neurologisch-psychologische Forschungsergebnisse in Blick auf Handys und soziale Medien: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/alle-vorsaetze-sind-fuer-den-arsch-wenn-man-sich-nicht-daran-haelt/
- „Handyverbot an Schulen – und wir haben ein Problem weniger!“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/handyverbot-an-schulen/
- „Die Macht der Disziplin“ – diszipliniert → erfolgreicher, stressfreier und glücklicher: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/disziplin-erfolgsfaktor-in-der-schule-einfuehrung/
- „Schülerzeitungsermutigung“ (22 Artikel) – Rückblick, Tipps und Strategien für Schüler-Freiraum: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/redaktionsgroesse-zwei-pizza-regel/