Ein kritischer Blick in die Werbung

Gesundheitsbewusstsein ist „in“ und liegt offensichtlich offensiv voll im Trend, zumindest hört man landauf, landab, sogar schon im Formatradio auf’m Männerklo vom Würzburger Bahnhofsgasthaus, dass es cool sei, auf seine Gesundheit zu achten. Und wir Menschen wollen ja nicht rückständig oder gar uncool sein, nein, dann würden andere, die auf die Gesundheit krampfhaft achten, uns womöglich noch als Dinosaurier verspotten.

Das geradezu wahnhafte Streben nach völliger Vitalität und ewiger Erhaltung bestimmt immer wieder unsere alltäglichen Handlungen, und wir können es gar nicht beeinflussen; wir können uns auch nicht dagegen wehren.

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Es gipfelt schließlich darin, dass wir auf unserem Weg durch das heimatlich vertraute Einkaufszentrum mit Lebensmitteln konfrontiert werden, von denen uns jede Tante Gudrun und jeder Onkel Herbert schon immer sagte: „Kind, das ist ungesund…!“ – was müssen wir uns da nicht antun, wenn wir den weißen Opel Kadett (Baujahr 1989) vor dem Laden abstellen, vom Motorwagen auf einen Einkaufswagen umsteigen und durch die Regale schlendern. Gesundheit hier, Gesundheit da. Eine knallbunte Plastikflasche will uns betören, Cola Light im Fuder zu erwerben, das offensichtlich keinen Zuckergehalt besitzt. Ein Pudding wirbt vollmundig damit, ebenfalls zuckerfrei, diabetikergerecht und überhaupt am gesündesten im ganzen Supermarkt zu sein. Kleingedruckt sehen wir hingegen auf dem Plastikbecher, dass allerlei Aromen, Geschmacksverstärker und natürlich Zucker in Hülle und Fülle im Pudding enthalten sind. Schließlich sehen wir noch eine Limonade, bekanntlich eine Kalorienbombe erster Garde, die offensichtlich ebenfalls ohne Zucker und Geschmacksverstärker die Füllanlagen verließ. Nicht zu vergessen eine Apfelschorle, auf der ich zunächst erstaunt den Hinweis „ohne Zucker“ lesen kann – wandern meine Augen jedoch dorthin, wo die Schrift immer kleiner wird, so ist dort ersichtlich, dass eine Apfelschorle über natürlichen Zuckergehalt verfügt.

Als ob es nicht genug wäre, gäbe es noch eine unbegrenzte Auswahl an fünfhundertdreiundzwanzig weiteren, laut Packung, unheimlich gesunden Artikeln. Und längst nicht nur in einem einzigen Geschäft; das gleiche Spiel wiederholt sich bei beliebigen anderen Handelsketten ebenfalls in einer Endlosschleife und wir sind dem Spiel bei jedem Einkauf, den wir nichtsahnend und „mal eben“ begehen wollen, hilflos ausgesetzt…

…und wer hat denn nun Recht? Die Werbung, die uns Verbrauchern mit bunten Spots und vollmundigen Phrasen einreden möchte, alle Waren seien eine Wohltat für Leib und Gesundheit? Oder doch Onkel Herbert und Tante Gudrun, die uns immer vor Pudding, Cola, Limonade und Tiefkühltorten gewarnt haben?

Herzlichen Dank an das freundliche Autohaus Weihrauch in Tauberbischofsheim, das mir ein Fahrzeug für die Fotoaufnahmen zur Verfügung stellte!

Artikel: Adrian Brosch

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