Fechtturnier: Aufregung, Nervosität und Lampenfieber

Samstagmorgen, 6.30 Uhr, der Wecker klingelt, der erste Gedanke, der einem im Hotelbett am Morgen eines Turniers in den Kopf schießt, ist: “ Wie wird das Turnier heute für mich enden? Werde ich mein Ziel erreichen?“
Danach geht es zum Frühstück und man muss sich eigentlich zwingen, etwas zu essen, denn die Nervosität wird in einem immer größer, je näher die Abfahrt zur Halle rückt.

Wenn man dann aber in der Halle angekommen ist und sich warm machen kann, ist man in seiner eigenen Welt und konzentriert sich nur auf sich, um sich perfekt auf das so lang ersehnte wichtige Turnier vorzubereiten. Man hat dann einen sogenannten Tunnelblick und lässt sich von nichts mehr aus der Ruhe bringen.
Beim Einfechten mit der Vereinskameradin kann man dann noch einmal über das letzte Training und über die letzte Ansprache des Trainers nachdenken.
Man weiß, dass man so viel für dieses Turnier trainiert hat, sowohl körperlich als auch psychisch. Man redet sich vor dem Rundenbeginn gut zu und versucht sich selbst zu motivieren.
Sobald man dann das erste Rundengefecht hinter sich gebracht hat, ist man schon lockerer und die Nervosität fällt immer mehr ab. Denn für einen Fechter ist das erste Gefecht bei einem Turnier das schlimmste.
Wenn es aber dann an die K.O. Gefechte geht, schießt das Adrenalin in einem wieder hoch und man ist wieder so angespannt wie zu Beginn. Man macht sich Gedanken darüber, ob man jetzt eine leichtere Gegnerin bekommt und ob man insgesamt einen guten Lauf hat.

Psychisch anstrengend sind auf einem Turnier vor allem die langen Wartezeiten zwischen den einzelnen K.O. Gefechten. Man will unbedingt weiterfechten und gewinnen. Muss sich aber währenddessen die ganze Zeit körperlich warm halten und vor allem die Konzentration und die Motivation beibehalten und sich nicht durch nebensächliche Dinge oder Niederlagen der Vereinskameradin ablenken lassen.
In einem solchen Fall muss man nur an sich denken. Immer wieder zwischendurch braucht man auch die Gespräche mit dem Trainer, der einem durch Feedbacks der letzten Gefechte Mut und Selbstbewusstsein gibt.

Denn wenn man von anderen Personen hört, dass man es schaffen kann, ist es natürlich noch unterstützender, als wenn man es sich selbst zuredet.

Was auch an Turnieren ein besonderer psychischer Druck ist, ist der direkte Vergleich zwischen den deutschen Konkurrentinnen. Man will sich eigentlich nur auf sich selbst konzentrieren und das Beste aus sich herausholen, man schaut aber trotzdem manchmal zu den Gefechten der deutschen Konkurrentinnen. Im Inneren will man trotzdem immer besser sein als die anderen deutschen Gegnerinnen.

Wenn man vor einem Gefecht auf der Bahn steht und noch einmal in sich hineingeht, um sich zu 100% zu konzentrieren, denkt man über die letzten Erfolge und Tipps des Trainers zu dieser Gegnerin nach, um ein gutes Gefühl zu haben und an sich selbst zu glauben.
Nach einem Sieg ist man natürlich glücklich, stolz und selbstbewusst. Aber der größte Fehler, den man machen kann, ist schon mit sich zufrieden zu sein, nur weil z.B. alle Deutschen schon ausgeschieden sind. Denn dadurch denkt man sich, dass es nicht so schlimm sein wird, wenn man das nächste Gefecht verliert, weil man ja schon die beste Deutsche ist.

Bei einem Turnier ist es natürlich für einen Sportler das Größte im Finale vor einem großen Publikum zu fechten und dann natürlich auch zu gewinnen.
Einige setzen sich dadurch mehr unter Druck, andere lassen sich durch das Publikum „aufpuschen“. Es ist ein tolles Gefühl, wenn viele Menschen hinter einem stehen und für einen klatschen. Dadurch gibt man sich noch mehr Mühe zu gewinnen und gut zu fechten, damit das Publikum von einem begeistert ist. Vor einem solchen Finale hat man aber auch Lampenfieber, denn, wenn man als Fechter vor dem Finale dann vorgestellt wird, steigt die Nervosität wieder enorm an. Sich danach wieder voll auf das Fechten zu konzentrieren und sich wieder zu beruhigen ist oft sehr schwer. Dabei ist der Trainer wieder sehr wichtig, wenn dieser vor dem Gefecht noch hilfreiche Worte und Tipps für den Fechter findet.

Der Sport „Fechten“ ist ein mentaler Sport, der nicht nur von der körperlichen Leistungsfähigkeit des Fechters abhängig ist, sondern bei dem auch viele mentale Fähigkeiten gefordert werden und das Gefecht beeinflussen. So kann die geistige Tagesform an einem Turniertag entscheidend sein, aber auch nur die Niederlage bei einem einzigen Gefecht kann den Fechter psychisch so aus der Bahn werfen, dass er seine körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr als Grundlage nutzen kann.

Wenn man am Ende eines anstrengenden Turnierwochenendes sein Ziel erreicht hat, oder sogar besser gefochten hat, als man sich erwartet hat, ist man erleichtert und froh, dass das ganze Training, Anstrengung, Disziplin, Ausdauer und Geduld sich gelohnt haben und man nicht umsonst so viel Zeit und Aufwand investiert hat.

Dann zurückzufahren und im Fechtzentrum die Glückwünsche von den Trainern, Kolleginnen und Kollegen entgegenzunehmen, ist die Entschädigung für den großen Aufwand.
Das wiederum gibt viel Motivation, Selbstsicherheit und neuen Ehrgeiz zu trainieren, damit man beim nächsten Turnier wieder ein gutes Ergebnis erzielt und sein Ziel erreicht.

Artikel: Anne Sauer, 2013

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