G8 – Klassenstärken

Immer wenn man gefragt wird, auf welche Schule man gehe und dann das Gymnasium als Antwort hat, wird man in Sicherheit gewogen, dass man später eh sicher eine Arbeitsstelle bekäme. Doch diese rosigen Zeiten haben leider spätestens mit unserem Doppeljahrgang des Abis 2012 ein Ende gefunden. Einst waren wir noch knapp dreißig Seelen in einer Klasse und es gab höchsten drei Parallelklassen und nun? Wir sind acht vollgestopfte Kurse à durchschnittlich 25 Schüler.

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Als ich 2003 auf das Matthias-Grünewald-Gymnasium in Tauberbischofsheim gekommen bin, wusste ich noch nicht, was mir heute, 2010, Jahrgangsstufe 1, blühen würde. Meine Schuljahre verliefen ganz normal und unabhängig von den so genannten „G8-lern“ unter uns. Doch 2010 sollte das Jahr sein, in dem sich alles ändern würde. Schon zuvor wurde uns gesagt, dass wir ab der „zwölften Klasse“ zusammenkämen mit den damals Zehntklässlern. Und so kam es dann auch. Die zwölfte Klasse hieß nun für uns „Kursstufe“, da ja die G8-ter erst in der elften Klasse wären. Und aus zwei Stufen wurde auf einmal eine einzige. Die Kurse wurden bunt gemischt, sodass man in jedem einzelnen Kurs auf viele verschiedene und auch durchaus auf bislang noch nie gesehene Gesichter trifft. Acht Kurse, das bedeutet dann acht Deutschkurse und ebenso viele Mathekurse und bei anderen Wahlfächern jeweils etwas weniger Schüler. Doch diese Masse an mehr oder weniger Gleichaltrigen unter einen Hut zu bringen schien am Anfang unmöglich. Jedoch glaube ich, dass sich die meisten Schüler sehr früh daran gewöhnt haben, dass man jetzt eine riesige Stufe geworden ist. Wie sich diese riesige Menge an Schülern jedoch auf die spätere Studienzeit auswirkt, steht jetzt noch in den Sternen.

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Es gab bisher zahlreiche Beschwichtigungsversuche seitens der Schule und des Kultusministeriums, und doch kann noch keiner wirklich glauben, dass es für jeden später gleichermaßen ähnliche Bedingungen gibt, wie sie es heute sind. Der so genannte „Numerus Clausus“, auch „NC“ genannt, wird im Jahre 2012 in die Höhe schießen, schließlich kämpfen nun doppelt so viele Leute um einen Studienplatz. Der NC wird deshalb logischerweise immer weiter notenmäßig nach oben gestuft, da sich ja auch durch doppelt so viele Menschen, darunter auch immer mehr sehr gute Schüler, für eine Stelle bewerben. Doch neben den Studienplätzen stellt sich noch ein viel größeres Problem dar, nämlich der Mangel an Wohnmöglichkeiten, die auch jetzt schon viele Studenten beispielsweise in Karlsruhe, dazu zwingt, hunderte Kilometer zu pendeln. Das heißt im Konkreten, dass, wenn man sogar einen tollen Studienplatz hat, sich trotzdem nicht sicher sein kann, ob man diesen dort überhaupt wahrnehmen kann. Da stellt sich nun natürlich die Frage der Gerechtigkeit. Man schuftet dreizehn bzw. zwölf Jahre und lernt und lernt und dann kann man sich mit dem bestmöglichen Schulabschluss nicht einmal mehr sicher sein, dass man die Möglichkeit bekommt zu studieren. Hierbei frage ich mich persönlich immer wieder, wieso das G8-Prinzip überhaupt schon so früh eingeführt wurde. Denn wir sind immer noch alle Kinder der geburtenstarken Jahre um 1992 und wenn unser Doppeljahrgang mit tausenden Abiturienten in Baden-Württemberg 2012 vorbei ist und für uns, wie versprochen, sehr viele neue Studienplätze und neue Wohnmöglichkeiten erbaut worden sind, kommen die geburtenschwachen Jahrgänge und es strömen sehr viel weniger Absolventen in die Unis. Das bedeutet also, dass wir nun für die bevorstehend breite Masse 2012 nicht gewappnet sind und dann, wenn unser Doppeljahrgang vorbei ist, die Hallen und Wohnsiedlungen leer sein werden. Doch das ist alles Zukunftsmusik. Nun bin ich erst einmal gespannt, wie die nächsten eineinhalb Jahre ablaufen werden. Vielleicht denke ich auch zu negativ und der Staat investiert doch einmal, wie immer versprochen, in die Bildung. Man weiß ja nie und die Hoffnung stirbt bekanntlich ja zuletzt.

Artikel: Lisa Schüßler

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