Hausarbeitsfieber – Zeit anzufangen

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Mit Herrn Schenck als Deutsch-Lehrer stehen wir, die Klasse 11/1 des Wirtschaftsgymnasiums, nun vor unserer ersten Hausarbeit. Gespannt auf die vor uns liegende Arbeit, mit Vorfreude auf die hoffentlich baldige Fertigstellung, aber auch mit ein bisschen Bammel – die „Horrorgeschichten“ über das Verfassen der ersten Hausarbeit sind im gesamten Schulgebäude bekannt. Viele fragen sich: „Wird das wirklich so schlimm? Werde auch ich unter Frustessen und Wutausbrüchen leiden? Werden mein klarer Verstand, meine Geduld, mein Durchhaltevermögen und mein Computer mich ebenfalls verlassen? Werde ich überhaupt etwas zustande bringen?“ Schon jetzt ist die Hausarbeit Thema Nr. 1 in der Klasse. Auch die zugehörige „Ausnahmesituation“ zeigt sich immer intensiver. Der offizielle (noch entspannte) Auftakt fand am 4. Dezember 2013 statt, traditionell in der Städtischen Mediothek Tauberbischofsheim.

 

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Endlich waren wir in der warmen Mediothek angekommen, nachdem wir unsere Mittagspause bei den winterlichen Temperaturen im Freien verbracht hatten. Froh darüber, den Nachmittag nicht in der Schule verbringen zu müssen, schauten wir uns gemütlich im Erdgeschoss um. Die Schulstunde begann mit einem Rundgang durch die kleine, aber vielseitige Einrichtung. Auf der obersten Etage angelangt, setzten wir uns zusammen und besprachen gemeinsam den Leitfaden für die Hausarbeit. Wie üblich kamen zahlreiche Fragen auf, die unser Lehrer uns ausführlich beantwortete. Auch die Hausarbeits-Anekdoten aus rund zwei Jahrzehnten kamen nicht zu kurz, genauso wie Herr Schencks vermeintliche Lieblingsbeschäftigung: Fotoknipsen für die Schülerzeitung. Im Unterschied zum regulären „Klassenzimmerunterricht“ gingen die beiden Stunden in der Mediothek überraschend schnell vorüber.

 

Als ich anschließend an einem Bücherregal vorbeiging, fiel mir ein Titel ins Auge: „Downshifting“. Neugierig nahm ich das Buch aus dem Regal und las den Anfang des Klappentextes. „Sie sehnen sich nach weniger Stress, sinnvollerer Arbeit und nach mehr Zeit für sich selbst?“ Dieser Gedanke begleitete mich auf meinem Heimweg. Weniger Stress? Wenn es dafür eine nachhaltige Lösung gibt, spreche ich das Buch heilig. 

Downshifting

Sinnvollere Arbeit? Den Lehrern zufolge ist ja alles sinnvoll, was wir in der Schule tun. Zumindest solange, bis wir unser Abitur haben. Mehr Zeit für sich selbst? Was bedeutet das genau – Zeit für mich selbst? Ich treffe gerne Freunde, musiziere, schreibe und vieles mehr. Das sind meine Hobbys, also die Zeit für mich selbst, nicht wahr? Oft wird mir jedoch bewusst, dass es nicht die erwünschte Ruhe und Gelassenheit bringt, meine gesamte Zeit nach der Schule mit Hobbys zu verbringen. Demzufolge ist die Zeit für mich selbst diejenige, in der ich mich einfach ins Bett fallen lassen kann und nichts tue. Pausen sind unverzichtbar, um sich nicht durchgehend erschöpft zu fühlen und dadurch unmotiviert zu sein. Doch auch der Energiesparmodus benötigt eine zeitliche Grenze. Sich gegen 18.30 Uhr darüber bewusst zu werden, dass noch nichts von dem Aufgaben-Berg erledigt ist, erzeugt ein schlechtes Gewissen. Auf diese Weise entsteht Stress, der bei weitem nicht hilft.

 

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Und wenn ich schon im Bett liege, habe ich ohnehin keine Lust zum Aufstehen. Obwohl ich noch dies, das und jenes erledigen muss. Während ich die Decke anstarre, erinnere ich mich an meine To-do-Liste: mit der Hausarbeit beginnen, mich auf die zwei Arbeiten der nächsten Woche vorbereiten, Hausaufgaben in Mathe und Biologie erledigen. Und an der Hausarbeit weiterschreiben. Außerdem lässt mein Lehrer mich einen Kuchen backen, wenn die Inhaltsangabe bis morgen nicht fertig ist. Zusätzlich einen Kuchen zu backen, stielt mir wieder Zeit. Ein Teufelskreis, bei dem man schon mal verrückt werden kann. Wobei dieser nichts mit der verfliegenden Zeit zu tun hat, sondern mit der Unruhe in meinem Kopf, die ich selbst verursache. So bestätigt sich die Prognose unseres Lehrers: Viel zu leicht lassen wir Schüler uns von unseren eigenen Gedanken ablenken. Und geraten schon vor Beginn der richtigen Arbeit in Panik.

 

„Schalten Sie runter, um wieder ein Gefühl für das zu entwickeln, was Ihnen wichtig ist“, stand am Ende des Klappentextes. „Downshifting“ bedeutet laut dem allwissenden Internet „Verringerung der Arbeitszeit“. Lesen werde ich das Buch jedoch nicht, wenn ich den Bücherstapel für die Literaturhausarbeit sehe. Anstatt durch den Ablenkungswillen unnötig über die Sache zu philosophieren, sollte ich die Arbeitszeit verringern, indem ich mit der Arbeit beginne und sie nicht aufschiebe. Es ist Zeit, mich an den Laptop zu setzen, ein Word-Dokument zu öffnen und etwas auf das virtuelle Blatt zu schreiben. Der neue Punkt auf meiner To-do-Liste: Ich lenke mich nicht weiterhin ab, sondern shifte mit dem Fokus auf das Wichtige down.

 

Fotos: Klaus Schenck

Materialien für Lehrer und Schüler

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