Fünf langweilige Tage Büroarbeit mit koffeinabhängigen Spießern – dieses Bild verbleibt nach dem Berufsorientierungspraktikum der 9. oder 10. Klasse in den Köpfen vieler Schüler. Motivation für weitere Praktika ist daher oft die Ausnahme. Dabei lässt nicht jeder Betrieb seine jungen Gäste rumsitzen und Kaffee kochen. Ein Erfahrungsbericht.
„An den Landungsbrücken raus“
Während der Fahrt in einer Hamburger U-Bahn erklangen diese Worte durch meine Kopfhörer. Um beim Norddeutschen Rundfunk ein Schnupperpraktikum zu absolvieren, verbrachte ich vergangene Pfingstferien in der Hafenstadt. Tatsächlich stieg ich an der Haltestelle „St. Pauli-Landungsbrücken“ aus. Nachdem ich mich mit dem schweren Rollkoffer und meiner überfüllten Handtasche die Treppe hinaufgequält hatte, blieb ich auf der Aussichtsplattform stehen. Der Blick auf die Elbe mit ihren Schiffen und Kranichen war grandios: „Dieses Bild verdient Applaus“.
„Aufstehen, atmen, anziehen und hingehen“
Neben der Jazzredaktion zählte auch die NDR Bigband im Bereich Orchester, Chor und Konzerte zu meinem Arbeitsfeld. Ich kam zur NDR-Zentrale Hamburg-Rothenbaum, wo die Hörfunkproduktion an erster Stelle steht. Zu Beginn der Woche führte mich die Redaktionsmitarbeiterin Mariette durch die Sendeanstalt, um mir Einblicke in die Geschichte des NDR, Unternehmensstrukturen und Inhalte der Senderprogramme zu ermöglichen. Im Studio half ich anschließend beim Aufbau der Aufnahmetechnik: Am darauffolgenden Tag stand die Produktion der NDR-Bigband mit Jazzkantine und Smudo von den Fantastischen Vier auf meinem Praktikumsplan.
„Der Plan, als man damals nach Hamburg kam“
Ursprünglich ging mein Bewerbungsschreiben an das Hamburg-Journal. Auf die „NDR Jazzredaktion“ stieß ich erst in der Ressortwahl der Online-Bewerbung. Im Zusammenhang mit Musik kannte ich bisher nur das Sinfonieorchester der Rundfunkanstalt. Und von Jazz hatte ich wenig Ahnung. Auf meinem Smartphone liefen hauptsächlich Indie- und Akustik-Rock, wie zum Beispiel das Landungsbrücken-Lied der deutschen Band „Kettcar“. Trotzdem gefiel mir die Idee eines Praktikums in der Musik-Branche. Spontan verfasste ich ein neues Anschreiben
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„Die Erinnerungssplitter liegen herum“
Einer der Tontechniker erwies sich als wahrer Fan – er bat den Fanta4-Sänger um ein Autogramm auf einem alten Album der Hip-Hop-Band. Als Smudo am Mikrofon loslegte, schaute ich den Produzenten bei ihrer Arbeit am Mischpult über die Schulter. Auch das „Mastering“ – die digitale Bearbeitung der Audiospuren – lernte ich im weiteren Verlauf der Woche beim Komponisten Felix Behrendt kennen. Außerdem unterstützte ich die Dokumentationsarbeit im Notenarchiv und recherchierte Inhalte für die NDRinfo-Sendung „playJazz!“.
„Wollt‘ ich leben und sterben wie ein Toastbrot im Regen?“
Nicht nur den Arbeitsalltag, sondern auch die Mentalität in der Jazzredaktion lernte ich kennen und lieben. Vor allem die Begeisterung der Mitarbeiter für ihren Musikstil faszinierte mich. Die „playJazz!“-Redakteure kamen morgens nicht ins Büro, um mit mieser Laune den Tag abzusitzen. Alltäglich befassen sie sich voller Freude mit dem Jazz und summen jedes Lied mit. Auf ihren individuellen Wegen zu und mit dieser Musik wurden sie zu Spezialisten. Ob Genrezweig, Künstler oder Taktschema – an Wissen fehlt es ihnen im Jazz nicht.
„Ein letztes Mal winken und ich bin raus“
Ziel dieses kurzen Rückblicks war die Reflektion meiner Praktikumswoche in Hamburg vor einem dreiviertel Jahr. Die Redaktion hat mir einen wichtigen Gedanken mitgegeben: Wer sein Hobby zum Beruf macht, muss nie wieder arbeiten. Schade, dass sich „mein Beruf“ als Schülerin nicht um Musik, sondern Integrale, Ellipsen und Wirtschaftsrecht dreht. Zugegeben ist Jazz auch heute nicht meine bevorzugte Musikrichtung. In Zukunft werde ich jedoch nicht nur bei Kettcar, sondern auch beim Erklingen eines Jazz-Songs zurück an die Elbe mit ihren Schiffen und Kranichen denken.
Materialien für Lehrer und Schüler
- Alle Abi-Materialien auf einen Blick: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/abi-vorbereitung/ und Power-Paket für Abi-Kämpfer: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/gesamt-strategie-fuer-abi-kaempfer/
- „Die Stillen in der Schule“ – Ermutigung + Strategien bei Introversion – zum Lesen, Ausdrucken und Anhören: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-stillen-in-der-schule-1-vom-glueck-der-introversion/
- „Jugend im Selbstspiegel“ – eigene Texte mit Zeichnungen, präsentiert in einer öffentlichen Lesung: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/der-mensch-mit-dem-schizophren-denkenden-herzen-und-der-verwirrten-seele/
- „Handy, Schule und unser Gehirn“, neurologisch-psychologische Forschungsergebnisse in Blick auf Handys und soziale Medien: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/alle-vorsaetze-sind-fuer-den-arsch-wenn-man-sich-nicht-daran-haelt/
- „Handyverbot an Schulen – und wir haben ein Problem weniger!“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/handyverbot-an-schulen/
- „Die Macht der Disziplin“ – diszipliniert → erfolgreicher, stressfreier und glücklicher: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/disziplin-erfolgsfaktor-in-der-schule-einfuehrung/
- „Schülerzeitungsermutigung“ (22 Artikel) – Rückblick, Tipps und Strategien für Schüler-Freiraum: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/redaktionsgroesse-zwei-pizza-regel/
- „Faule Säcke, werdet Lehrer!“ – billiger Populismus gegen den Lehrerberuf durchs Kultusministerium: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/faule-saecke-aller-laender-werdet-lehrer-in-baden-wuerttemberg/