Ich, Henry Hoffmann, bin vor 3 Jahren nach Tauberbischofsheim gezogen. Durch das Fechten verschlug es mich in das liebliche Taubertal. Doch das Internat war für mich ganz neu, seit dem 14. Lebensjahr war ich vorher auf der Sportschule in Jena. Um mich sportlich mit den Besten messen und weiterentwickeln zu können, habe ich dann den Schritt zum Olympiastützpunkt gemacht. Doch ist es ganz klar, dass man mit 18 Jahren nicht mehr im Internat wohnen und selbständig sein will und seine Freiräume haben möchte. Daher kam dann der nächste Schritt zur eigenen Wohnung im Berghof 2 oder auch das „Haus der Athleten“ genannt. Viele neue Aufgaben kamen jetzt noch dazu, doch wie bringt man Leistungssport, das Abitur und einen eigenen Haushalt unter einen Hut? Es ist nicht ganz einfach und anfangs war man doch öfter überfordert, doch mit Struktur und viel Ehrgeiz ist das auch zu meistern. Vergleicht man meinen Alltag mit dem eines normalen Schülers, bräuchte ich einen 48-Stunden-Tag, um alle Aufgaben zu erledigen. Doch nun würde ich gern einmal einen Einblick in mein Leben geben als Leistungssportler und Schüler.
Ein normaler Schultag beginnt bei mir um 6.45. Es ist Zeit zum Aufstehen und zum Frühstücken. Hierbei bin ich froh, dass meine Schule nur 5 min zu Fuß von meiner Wohnung entfernt ist. Ich besuche das Wirtschaftsgymnasium und dort beginnt der Unterricht in der Regel um 7.30. Dann heißt es lernen, Klausuren schreiben und auf das Abitur sich vorbereiten. Um 12.30 geht es zum Mittagessen ins Fechtzentrum und danach zum Nachmittagsunterricht in die Schule zurück oder in das Teilinternat. Dort gibt es eine super Betreuung durch fachkundige Lehrer für Hausaufgaben und Nachhilfe, um versäumten Unterrichtsstoff nachzuholen, wenn man mal wieder den Freitag durch einen Wettkampf verpasst hat. Danach geht es in die Halle, um Lektion mit dem Trainer zu machen. Eine halbe Stunde bis 40 min werden nun Technik und Taktik trainiert und über die letzten Fehler im Turnier und Training gesprochen. Nach einer kurzen Entspannungspause ist das Fechttraining oder Athletiktraining an der Reihe. Hier wird geschwitzt, gearbeitet und „geblutet“ für den Erfolg. Bis 20 Uhr verbringt man den Tag in der Fechthalle. Doch wer hat dann noch Lust, etwas für die Schule zu machen oder die Wohnung zu putzen. Man kommt also heim, lässt die Sachen fallen und der Weg führt nach der Dusche nur noch ins Bett oder auf die Couch zum Entspannen. Würde das aber die ganze Woche so laufen, wäre meine Wohnung eine einzige Katastrophe. So ist der einzige Weg nach dem Training leider nicht auf die Couch. Einkaufen, Wäsche waschen oder Aufräumen gehören zu den täglichen kleinen Aufgaben, die ich noch erledigen muss. Meist sitzt man aber nochmal mit Freunden zusammen und schaut eine Serie auf Netflix oder chillt einfach zusammen. Doch ab und zu kommt die unter Fechter bekannte Nachtschicht, d.h., man lernt nochmal bis nachts, damit am nächsten Tag die Klausur gut läuft, man will ja nicht versagen. So geht der Tag zu Ende und ein neuer stressiger Tag steht bevor. Doch durch eine kleine Planung des Tages und Aufteilung der einzelnen Aufgaben über die Woche werden das Chaos und der Stress gemindert und man hat am Ende des Tages doch noch einmal Zeit, um abzuschalten.
Nun die Woche ist noch nicht vorbei und Turniere stehen an. Als Bundeskaderathlet ist man öfter zu Weltcups im Ausland und verpasst dann freitags den Unterricht und fährt nun längere Stunden mit dem Bus oder man fliegt. Zeit zum Lernen wäre da genug, aber hier möchte man auch als Mensch und Athlet gerne abschalten. Man hört Musik, schaut einen Film auf dem Tablet, schläft oder unterhält sich witzig mit seinen Mitfahrern. So geht eine Woche schnell rum, – der Montag steht schon wieder vor der Tür und die Schule geht los. Doch an dem freien Wochenende nutze ich auch gern die Zeit, um nach Hause zu fahren und meine Familie zu besuchen. Diese steht immer hinter mir und hilft mir rund um die Uhr, auch wenn ich nicht immer zu Hause bin. Ich denke, dass der Alltag als eigenständiger Leistungssportler sehr stressig sein kann, doch mit ein paar Tricks und Erfahrungen von älteren Sportlern ist das gut zu meistern und lässt mich positiv in die Zukunft blicken.
Artikel: Henry Hoffmann
Fotos: Klaus Schenck
Materialien für Lehrer und Schüler
- Alle Abi-Materialien auf einen Blick: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/abi-vorbereitung/ und Power-Paket für Abi-Kämpfer: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/gesamt-strategie-fuer-abi-kaempfer/
- „Die Stillen in der Schule“ – Ermutigung + Strategien bei Introversion – zum Lesen, Ausdrucken und Anhören: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-stillen-in-der-schule-1-vom-glueck-der-introversion/
- „Jugend im Selbstspiegel“ – eigene Texte mit Zeichnungen, präsentiert in einer öffentlichen Lesung: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/der-mensch-mit-dem-schizophren-denkenden-herzen-und-der-verwirrten-seele/
- „Handy, Schule und unser Gehirn“, neurologisch-psychologische Forschungsergebnisse in Blick auf Handys und soziale Medien: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/alle-vorsaetze-sind-fuer-den-arsch-wenn-man-sich-nicht-daran-haelt/
- „Handyverbot an Schulen – und wir haben ein Problem weniger!“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/handyverbot-an-schulen/
- „Die Macht der Disziplin“ – diszipliniert → erfolgreicher, stressfreier und glücklicher: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/disziplin-erfolgsfaktor-in-der-schule-einfuehrung/
- „Schülerzeitungsermutigung“ (22 Artikel) – Rückblick, Tipps und Strategien für Schüler-Freiraum: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/redaktionsgroesse-zwei-pizza-regel/
- „Faule Säcke, werdet Lehrer!“ – billiger Populismus gegen den Lehrerberuf durchs Kultusministerium: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/faule-saecke-aller-laender-werdet-lehrer-in-baden-wuerttemberg/