„Es ist wichtig mit anderen in den Dialog zu treten“
„Wir leben in einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft. Wie gelingt uns ein gutes Miteinander?“, lautete der Titel der religiösen Podiumsdiskussion, die im Rahmen des „Forum MGG“ in der Mensa des Matthias-Grünewald-Gymnasiums stattfand. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10c hatten mit ihrer Religionslehrerin Dorothee Walter diesen Abend im Religionsunterricht vorbereitet und gestaltet.
Hierzu war jeweils ein Stellvertreter der fünf Weltreligionen – Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus und Hinduismus – geladen. Alexander Shif vom jüdischen Zentrum „Shalom Europa“ in Würzburg sprach für das Judentum, der katholische Pastoralreferent Albert Lampe, Beauftragter der Erzdiözese Freiburg für Religions- und Weltanschauungsfragen, vertrat das Christentum, Fathi Sahan, Beiratsmitglied der islamisch-theologischen Fakultät Tübingen und seit 2008 in Baden Landesbeauftragter der DITIB für interreligiöse und interkulturelle Zusammenarbeit, stellte den Islam vor und Eva Nebhuth, die als Mitarbeiterin im „Buddha-Haus“ und im Waldkloster „Metta Vihara“ im Allgäu tätig ist, vertrat den Buddhismus. Leider musste der eingeladene Sprecher des Hinduismus kurzfristig absagen.
Ziel des Abends war es, die Stellvertreter der einzelnen Religionen friedlich ins Gespräch kommen zu lassen, Interesse an den anderen Religionen zu zeigen und eventuell auch die eigene Glaubensrichtung zu hinterfragen. Pfarrerin Andrea Schweizer, die als Moderatorin gekonnt durch den Abend führte, machte schon vor Beginn der Diskussion deutlich: „Das sind alles Menschen, die miteinander in den Dialog treten wollen.“
Zunächst stellten sich die Vertreter der einzelnen Weltreligionen vor und berichteten den rund 100 Zuhörern von ihrer Lebensgeschichte und der Entdeckung ihres Glaubens:
So erläuterte Alexander Shif, ein Migrant aus St. Petersburg, dass er erst als 14-Jähriger in Deutschland so richtig mit dem Judentum konfrontiert worden sei. Allerdings “hätte er keine Wahl gehabt“, welchem Glauben er angehören wollte, da nach dem jüdischen Glaubensverständnis jeder Jude ist, dessen Mutter diesem Glauben angehört. Eine besondere Herausforderung sei für ihn das komplexe Regelwerk, das dem gläubigen Juden helfen soll, ein gottgefälliges Leben zu führen. Auch sei es Pflicht eines Juden, sich jeden Tag aufs Neue zu seiner Religion zu bekennen, sie vor diesem Hintergrund zu studieren und auch zu hinterfragen. Hierbei sei die Auseinandersetzung mit anderen Religionen, vor allem mit dem Christentum und dem Islam, sehr nützlich und bereichernd.
Pastoralreferent Albert Lampe erklärte, er sei von seinem „Glaubensweg“ überzeugt, man könne das Leben aber auch auf verschiedenen „Wegen“ durchleben. Es sei sehr wichtig, mit anderen Religionen ins lebendige Gespräch zu kommen, um diese so besser zu verstehen und ein gutes Miteinander zu ermöglichen. So könnten Vorurteile abgebaut werden: „Dann wird aus einer Silhouette ein lebendiger Nachbar“.
Der Muslim Fathi Sahan bezeichnete seine Lebensgeschichte als eine typische „Migrationsbiographie“. Aus der Türkei stammend, studierte er in Deutschland und traf hier seine türkischstämmige, in Deutschland geborene und aufgewachsene Frau. Seine Familie half ihm, sich zu integrieren und nun, so betonte Sahan, sei seine neue Heimat Deutschland. Seine „Arbeit ist Dialog“ und es sei „ein gutes Zeichen“, dass es in Deutschland erlaubt sei Moscheen zu errichten. Es gebe momentan rund 900 Moschee-Gemeinden in Deutschland. Er habe gelernt, dass der Islam dem jüdischen und christlichen Glauben sehr ähnlich sei.
Im Buddhismus sei die Vielfalt wichtig, erklärte Eva Nebhuth. Auch sei der Buddhismus, wie viele Leute meinten, keine Glaubensreligion und unterscheide sich somit von den anderen „hier anwesenden monotheistischen Schriftreligionen. Im Buddhismus geht es darum, seinen inneren Weg zu finden“. Diese Einstellung sei die sogenannte „einfache Lehre des Buddha“, die Urform des Buddhismus. Die Form, die heutzutage in Asien praktiziert wird, habe „mit der eigentlichen Lehre des Buddha nicht mehr sehr viel zu tun“. Sie selbst habe in ihrer Kindheit die Bibel sehr hinterfragt und im damaligen Religionsunterricht nie eine Antwort auf ihre auch zum Teil provokanten Fragen erhalten. So gab sie das Christentum auf und suchte sie sich eine andere Lehre, mit der sie sich identifizieren konnte.
Obwohl eine hohe Dialogbereitschaft zwischen den einzelnen Parteien herrschte, gab es an diesem Abend auch durchaus unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen. So war die buddhistische Vorstellung von Karma und Reinkarnation für den Katholiken Lampe nicht nachvollziehbar. Für die Buddhistin Nebhuth gibt es keinen Gott, der die Welt erschaffen hat und sie erhält, sondern nur eine tiefe Wahrheit mit unterschiedlichen Zugängen.
Doch trotz aller Unstimmigkeiten und Differenzen waren sich die Teilnehmer der Diskussion am Ende einig, dass es sehr wichtig sei, mit den anderen Religionen in den Dialog zu treten und sie zu wertschätzen, um ein gutes und friedliches Miteinander in der Gesellschaft zu ermöglichen.
Artikel: Nils Villmann
Materialien für Lehrer und Schüler
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- „Handy, Schule und unser Gehirn“, neurologisch-psychologische Forschungsergebnisse in Blick auf Handys und soziale Medien: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/alle-vorsaetze-sind-fuer-den-arsch-wenn-man-sich-nicht-daran-haelt/
- „Handyverbot an Schulen – und wir haben ein Problem weniger!“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/handyverbot-an-schulen/
- „Die Macht der Disziplin“ – diszipliniert → erfolgreicher, stressfreier und glücklicher: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/disziplin-erfolgsfaktor-in-der-schule-einfuehrung/
- „Schülerzeitungsermutigung“ (22 Artikel) – Rückblick, Tipps und Strategien für Schüler-Freiraum: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/redaktionsgroesse-zwei-pizza-regel/
- „Faule Säcke, werdet Lehrer!“ – billiger Populismus gegen den Lehrerberuf durchs Kultusministerium: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/faule-saecke-aller-laender-werdet-lehrer-in-baden-wuerttemberg/