Scheffelpreisrede 2013 von Julia Kaiser

Liebe Mitabiturientinnen und Mitabiturienten, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Schulleitung, liebe Eltern, liebe Gäste!

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Ich freue mich sehr Sie alle heute Abend hier in der Stadthalle in Tauberbischofsheim begrüßen zu dürfen. Zugegeben, anfangs hielt sich meine Freude darüber in Grenzen. Als ich vor wenigen Wochen erfuhr, dass ich den diesjährigen Scheffelpreis erhalten soll, konnte ich das erst gar nicht glauben. Doch dann machte sich einerseits natürlich Freude und ein bisschen Stolz breit, dass die eigenen Leistungen in diesem Umfang geschätzt und anerkannt werden. Aber andererseits auch etwas Panik und die Ratlosigkeit, wie ich meine Rede gestalten soll, ohne dass sich jemand im Publikum langweilt.

Lassen Sie mich mit einem Gedicht beginnen. Es stammt aus der Feder von Wolfgang Poeplau, und auch wenn dieser Autor wahrscheinlich vielen nicht bekannt ist, so finde ich seine Worte für den heutigen Anlass sehr passend:

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„Wenn du zum Tor des Lebens gelangen willst,
musst du aufbrechen, einen Weg suchen,
der auf keiner Karte verzeichnet
und in keinem Buch beschrieben ist.
Dein Fuß wird an Steine stoßen,
die Sonne wird brennen und dich durstig machen,
deine Beine werden schwer werden.
Die Last der Jahre wird dich niederdrücken.
Aber irgendwann wirst du beginnen,
diesen Weg zu lieben,
weil du erkennst, dass es DEIN Weg ist.
Du wirst straucheln und fallen,
aber die Kraft haben, wieder aufzustehen.
Du wirst Umwege und Irrwege gehen,
aber dem Ziel näher kommen.
Alles kommt darauf an, den ersten Schritt zu wagen.
Denn mit dem ersten Schritt gehst du durch das Tor.“

Wir alle waren schon einmal in einer ähnlichen Situation, mussten einen Weg suchen und uns für ein Tor entscheiden. Mit dem Eintritt ins Wirtschaftsgymnasium fragten wir uns: Was wird mich erwarten? Wie werde ich mit den Lehrern zurecht kommen? Werde ich neue Freundschaften schließen? Was steckt hinter den unbekannten Fächern?

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Trotz aller Zweifel und auch Vorfreude haben wir uns entschieden und durch die damalige Wahl schlugen wir unsere eigene Route auf der „Landkarte des Lebens“ ein. Diese führte uns schließlich auch zum und durchs Abitur.

Und das ist der Grund, warum wir heute hier zusammen gekommen sind: Wir feiern den Höhepunkt und gleichzeitig das Ende unserer Schullaufbahn. Jetzt haben wir endlich das lang ersehnte Abitur in der Tasche und lassen die Schule hinter uns.

Dennoch war es bis hierhin ein langer und anstrengender Weg. Wir sind oftmals an Steine gestoßen, waren träge und ausgelaugt, hatten mit Problemen zu kämpfen. Sei es ein Thema in Wirtschaft, das wir absolut nicht verstanden, zu viel Lernstoff, um ihn in der vorgegebenen Zeit bewältigen zu können, oder die vielen Mühen, die hinter dem Seminarkurs standen.

Nichtsdestotrotz haben wir alles gemeistert: Die Klassenarbeiten, die Abiturprüfungen und auch die gebundene Seminarkursarbeit konnten wir bereits stolz in unseren Händen halten.

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Im Gedicht heißt es auch: „Die Last der Jahre wird dich niederdrücken“. Das Gefühl kennen wir nur allzu gut. Schon allein die Erinnerung daran, als wir nach der ersten und zweiten Pflichtlektüre auch noch eine dritte ausführlich behandeln mussten. Waren die andern beiden nicht schon mehr als genug? Allerdings gab es nicht nur für den Deutschunterricht immer etwas zu tun, auch andere Fächer waren der Grund, dass wir so manches Mal kaum noch Freizeit hatten. Hin und wieder war man kurz davor den eingeschlagenen Weg zu hinterfragen.

Doch wir begannen rechtzeitig unseren Weg zu erkennen und dafür zu kämpfen. Das äußerte sich beispielsweise in Form von guten Noten, Freundschaften oder einer guten Klassengemeinschaft. Wir erlebten gemeinsam drei abwechslungsreiche, lustige und interessante Jahre. Ein Weg voller Höhen und Tiefen, Spaß, Anstrengungen und Herausforderungen. Trotz Enttäuschungen und Misserfolgen hatten wir alle die Kraft weiter zu machen. Und nur deshalb haben wir es bis hier her geschafft – wir sind unserem großen Ziel nun ein Stück näher.

Mit dem erworbenen Abitur öffnen sich für uns neue Tore und dahinter verstecken sich die unterschiedlichsten Chancen und Möglichkeiten – egal ob Studium, Ausbildung oder Auslandsjahr – jeder schlägt eine andere Richtung ein. Jeder folgt seinen eigenen Träumen, Wünschen, Vorstellungen und versucht diese zu verwirklichen.

Dabei waren viele Menschen maßgeblich an unserem bisherigen Erfolg beteiligt.

In erster Linie sind das natürlich unsere Lehrkräfte, die uns gut aufs Abitur vorbereitet haben, starke Nerven bewiesen und sich stets unseren Fragen gestellt haben. Hierfür will ich Ihnen im Namen aller Abiturientinnen und Abiturienten danken!

Mein persönliches Dankeschön geht an dieser Stelle an unsere engagierte Deutschlehrerin Frau Mühleck und unsere stets gut gelaunte Klassenlehrerin Frau Müller. Sie beide sind grundlegend am positiven Ergebnis der 13/3 beteiligt, wussten, wie Sie uns zu händeln haben, griffen durch, wenn es nötig war, setzten sich für unsere Klasse ein und waren für jeden Spaß zu haben. Machen Sie weiter so!

Wir bedanken uns auch bei der Schulleitung und dem Rest des Lehrerkollegiums, die uns immer zur Seite standen und bestmöglich unterstützt haben.

Nicht zu vergessen auch die Eltern, Geschwister und Freunde, die unsere manchmal eigentlich unausstehlichen Launen und Stimmungsschwankungen ertrugen, immer an uns glaubten und Mut zusprachen.

Im Namen der gesamten Stufe möchte ich mich bei allen bedanken, die uns bis hierher begleitet und gefördert haben.

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Nun gilt es für uns erneut den ersten Schritt zu wagen, einen unbekannten Weg einzuschlagen, auf uns selbst zu vertrauen und für unsere Ziele zu kämpfen.

Bisher wissen viele von uns noch nicht, wie die Zukunft aussehen wird und ob alles genau so verläuft, wie man es sich vorstellt. Dafür gibt es die unterschiedlichsten Gründe: noch keine feste Zusage der Uni, eine bisher ergebnislose Wohnungssuche, Sorgen um die bestehende Partnerschaft, Ungewissheiten über den Auslandsaufenthalt oder die Angst, dass langjährige Freundschaften nicht aufrecht erhalten werden können.

Gerade in so einer Situation sollten wir uns folgendes Lebensmotto immer vor Augen halten: Lasse dich nicht entmutigen!

Trotz der Zukunftsbedenken wünsche ich allen, dass sie auf ihr Herz hören, ihren persönlichen Weg einschlagen und sich für die richtigen Tore auf dem Weg des Lebens entscheiden.

Lassen Sie mich abschließend Goethe zitieren, der einmal sagte: „Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.“

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Hiermit wünsche ich jedem von uns, dass es ihm gelingt gerade DIESE Steine zur Kraftquelle seines Lebens zu machen. 

Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit und  wünsche Ihnen noch einen schönen und unvergesslichen Abend! Vielen Dank!

Scheffelpreisrede: Julia Kaiser

(Abiturientin von Nicole Mühleck)

Fotos: Klaus Schenck

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