Studium: Kunstgeschichte und Germanistik

Zeit für eine Zwischenbilanz

Über zwei Jahre ist es her, dass ich „Life is what happens while you are making other plans“ verfasst habe. Zwei Jahre, in denen so viel passiert ist, dass es für zwei Leben reichen könnte und trotzdem habe ich mehr als das ge- und erlebt. Zumindest fühlt es sich so an und ob es dann auch tatsächlich so ist, zählt schon gar nicht mehr. Angekommen bin ich jedenfalls noch lange nicht. Im Gegenteil! Mein Grundstudium habe ich mit diesem Semester erfolgreich beendet und jetzt geht es erst richtig los! Aber der Weg war lang und ich würde euch, wie damals an meinem Motivationsschreiben, gern daran teilhaben lassen, angefangen beim Einstieg an der Uni.

Ungefähr einen Monat, bevor die Uni los ging, bin ich schon nach Erlangen in eine WG gezogen. Allerdings vorerst nur für ein halbes Jahr zur Zwischenmiete, da ich leider nicht gleich etwas gefunden habe, das meinen Vorstellungen und Wünschen entsprach. Zwischenmiete war in dem Fall die optimale Lösung, die ich jedem empfehlen kann, der sich erstmal an einem neuen Ort eingewöhnen möchte. Ein halbes Jahr bietet auch genug Zeit, um die Umgebung näher kennen zu lernen und herauszufinden, wo man wirklich wohnen möchte und wo vielleicht besser nicht.
Da ich niemanden kannte, hatte ich genügend Zeit mich auf meinen Start an der Uni einzustellen. Was für ein Chaos! Ich hatte noch nicht mal eine Ahnung von den nötigsten Basics… In der Studienordnung stand irgendwas von Stundenplan – das hörte sich sehr nach Schule an und ich dachte mir verärgert, dass ich nicht an die Uni bin, um wie an der Schule weiter zu machen! Der nächste logische Schritt war der Blick ins Vorlesungsverzeichnis, aus dem mir zuerst haufenweise kryptische Kürzel entgegen sprangen. Ich habe in dem Fall konsequente Ignoranz walten lassen. Welche Räume wo sind und was KH 0.011 oder B 602 bedeuteten, würde sich sicher zu gegebener Zeit herausfinden lassen. Nächstes Problem: Scheine – Was sind Scheine, wozu brauche ich die und wie bekomme ich sie? Ich erinnerte mich vage daran, in der Studienordnung mal was von Scheinen gelesen zu haben. Jetzt gab es aber auch noch einen Unterschied zwischen „benotetem Schein“ und einfach nur „Schein“ im Vorlesungsverzeichnis. Wo ist der Unterschied? Ist das wichtig? Warum gibt es überhaupt einen Unterschied? Erneut half konsequente Ignoranz dieser Details. Ein Stundenplan musste her. Hier fing es an, trotz vieler Unklarheiten, Spaß zu machen. Endlich: Ich durfte mir nach eigenem Belieben meinen Stundenplan zusammenstellen, meine Kurse selbst aussuchen. Der Haken: Natürlich kann man nicht blau drauflos studieren. Irgendwann muss eine Prüfung abgelegt werden und die setzt bestimmte Scheine voraus. Ihr merkt sicher schon, dass ich anfing zu planen und von der Hälfte von dem, was ich da tat, eigentlich gar keine Ahnung hatte. Das ist völlig normal beim Einstieg an der Uni. Nur keine Panik!
Montags fingen die Einführungsveranstaltungen für Erstis (eine „liebevolle“ Bezeichnung höherer Semester für Erstsemesterstudenten) an. Rasch stellte ich fest: Ich bin nicht allein mit meiner Planlosigkeit! Das beruhigte ungemein. Trotzdem war alles auch einschüchternd. Ich kannte niemanden, hatte aber auch keine Probleme damit, die Leute neben mir einfach mal anzusprechen. Eine Taktik, die sich bis heute sehr bewährt hat und ich unbedingt weiterempfehlen kann. Auf die Art und Weise habe ich einige meiner heute engsten Freunde kennen gelernt. Was diesbezüglich aber auch ganz normal ist und dazu gehört: Manche Leute triffst du mal im Kurs, man unterhält sich, versteht sich super, tauscht Handynummern und E-Mailadressen, sieht sich dann noch ein-, zweimal im Kurs – und dann nicht mehr. Vielleicht hält man übers studivz noch Pinnwandkontakt, aber das war’s dann auch schon. An der Uni hat man viele Freiheiten. Unter anderem auch die, einen Kurs eben erst nächstes Semester zu machen, oder einfach zu schmeißen, weil er doch nicht den Vorstellungen entspricht, oder andere Veranstaltungen wichtiger werden und keine Zeit für alles zusammen bleibt. Zumindest hat man diese Freiheiten noch im Magisterstudiengang. Als Bachelor hat man Anwesenheitspflicht, ganz wie in der Schule. Das ist nur einer der Gründe, warum ich heilfroh bin, noch in den Magister gerutscht zu sein. Aber darüber werde ich mich jetzt nicht auslassen, da ihr weder gefragt wurdet, ob ihr den Bachelor wollt, noch eine andere Wahl habt und eben das Beste aus dem Bachelor machen müsst. Back to topic also.
Nach den Einführungsveranstaltungen war ich, ehrlich gesagt, nicht viel schlauer als vorher. Was aber daran liegt, dass ich mich im Vorfeld doch noch sehr intensiv mit den Studienordnungen für meine Fächer auseinandergesetzt habe. Sie halten fest und geben vor, welche Scheine man braucht, um zu den Prüfungen zugelassen zu werden. In den Einführungsveranstaltungen hat man aber die Gelegenheit am Ende die anwesenden Dozenten zu weiteren Unklarheiten zu befragen. Außerdem können sie durchaus auch noch den ein oder anderen hilfreichen Tipp parat halten. Hingehen sollte man in jedem Fall! Ich kann nicht sagen, dass ich mich wie von einer Lawine überrollt gefühlt habe… Es war irgendwie seltsam. Etwas völlig Neues. Etwas richtig Großes. Ein neues Leben fing an!

img1

Vielleicht werdet ihr das jetzt enttäuschend finden, aber der Rest ergab sich wie von selbst. Ich bin auf ganz natürliche Art und Weise in mein Studium hineingewachsen. Mit jedem Semester ein Stück mehr. Anfangs war ich noch auf einen 3-Fach-Magister eingeschrieben. Dann stellte ich aber fest, dass mein zweites Nebenfach extrem lernintensiv werden würde und da es mir das nicht wert war, habe ich mich zum zweiten Semester auf den 2-Fach-Magister umschreiben lassen. Ich hätte auch komplett meine Fächer wechseln können. Alles kein Problem. Zumindest war es das im Magister nicht.
Im ersten Semester habe ich fast alle meine Pflichtveranstaltungen hinter mich gebracht, die für die Zwischenprüfung erforderlich waren. Ab dem zweiten Semester musste ich natürlich noch einige weitere Scheine machen. Außerdem werden an einer Universität so viele interessante Seminare und Vorlesungen angeboten, dass man wirklich mehr als nur das MUSS absolvieren sollte. Außerdem war es das Semester, in dem sich Bekanntschaften zu Freundschaften entwickelten. Ende des zweiten Semesters entschloss ich mich mit einer Freundin zusammen die Fachschaftsinititative (FSI) der Kunstgeschichte wiederzubeleben. Als wir an die Uni kamen, war sie in unserem Fach schon gar nicht mehr wirklich präsent, da ihre vorherigen Mitglieder größtenteils im Auslandssemester waren. Eine FSI kann man sich wie eine SMV an der Schule vorstellen. Als Mittler zwischen studentischen Belangen und Dozenten beziehungsweise dem Institut. Eine meiner ersten Aufgaben als offizielle Leiterin der Fachschaft bestand darin, einen neuen „Ersti-Reader“ herauszugeben. Darin sind von Studenten für Studenten die wichtigsten Informationen zum jeweiligen Studiengang enthalten. Mit Anfang des dritten Semesters, also dem Wintersemester 07/08, wurden an unserer Uni die Bachelorstudiengänge eingeführt. Entsprechend vielbeschäftigt war ich mit der Fachschaft. Ein Mailverteiler musste eingerichtet werden und als Erstsemester hat man immer viele Fragen, mit denen man sich nicht traut an Dozenten heranzutreten. Genau hier fängt also mein Aufgabenbereich an. Ihr würdet auch staunen, was sich alles bewirken lässt, wenn man nur einmal mit einem Anliegen an das Sekretariat herantritt! Im letzten Semester wurde auf Initiative der FSI hin ein weiterer Kurs angeboten, um den wir gebeten hatten. Außerdem haben wir Besichtigungen von Ausstellungen organisiert und für erweiterte Öffnungszeiten unserer Teilbibliothek (Bib) gesorgt. Es lässt sich viel bewegen – man muss aber etwas dafür tun! Ende des dritten Semesters habe ich erfolgreich meine Zwischenprüfung in Germanistik abgelegt. Außerdem habe ich in diesem Semester auch schon in unserer Bib gearbeitet und mich dadurch noch mehr ins Institut eingelebt. Durch meine wöchentliche Arbeit dort fühlte ich mich sehr eingebunden, was auch meiner Tätigkeit in der Fachschaft sehr zu Gute kam.
Das vierte, eben abgeschlossene, Semester war mein bisher arbeitsintensivstes. Die Zwischenprüfung in Kunstgeschichte stand an. Um zugelassen zu werden, musste ich auch noch einen Schein nachreichen, den ich also während dem Semester machen musste. Konkret bedeutet das, dass ich ein Referat in einem Seminar halten und schnellstmöglich dazu die Hausarbeit schreiben musste, damit der Dozent sie noch vor der Prüfung korrigieren und mir den Schein ausstellen konnte. Deshalb suchte ich mir bewusst ein Referatsthema am Anfang des Semesters aus, bereitete das Referat besonders sorgfältig und intensiv vor, womit die Hausarbeit schon so gut wie geschrieben war und eine Woche nach dem Referat konnte ich sie auch schon abgeben. Der Dozent war mit meinem Vortrag sehr zufrieden, daher blieb nicht mehr viel zu tun, als das Referat in eine hausarbeitsgerechte Form zu bringen und sprachlich zu verfeinern. Fußnoten hatte ich schon vorher eingefügt und auch die Quellen zusammengestellt. Fehlte nur noch das Abbildungsverzeichnis. Fertig. Von da an hieß es auf die Zwischenprüfung hin lernen. Über Wochen hinweg. Studenlang. Jeden Tag. Bevor ich wirklich mit der Vorbereitung anfing, zweifelte ich an mir selbst – daran, dass ich die nötige Disziplin aufbringen könnte, tagtäglich wirklich so viel zu lernen. Ich habe mich selbst überrascht.
Zu Schulzeiten wäre es für mich undenkbar gewesen am Tag acht bis zehn Stunden zu lernen. Das war mir die Schule einfach nicht wert. Das Studium der Kunstgeschichte hingegen schon und so habe ich auch diese Zwischenprüfung erfolgreich abgelegt und nebenbei auch noch das diesjährige Sommerfest unseres Institutes organisiert und vor allem delegiert. Auch das gehört zu meinen Aufgaben in der Fachschaft.

Jetzt beginnt wieder etwas Neues: Das Hauptstudium. Man nimmt es nur nicht als etwas Neues wahr, da der Übergang so fließend ist, aber schon jetzt zittert mir die Stimme beim Gedanken an ein Hauptseminarsreferat! Doch auch da werde ich hinein wachsen, und wenn alles nach Plan verläuft, dann werde ich im nächsten Jahr an die Uni Wien wechseln, um dort den Master zu machen. Ich habe noch viel vor!

Wo ich berufsmäßig einmal tätig sein möchte? Jedenfalls nicht in der Wissenschaft. Vielleicht in einem Auktionshaus… In den Wintersemesterferien möchte ich in einem Nürnberger Auktionshaus ein Praktikum absolvieren. Vielleicht aber auch lieber im Germanischen National Museum. Mal sehn. Jetzt habe ich erstmal Ferien, arbeite ein bis zweimal die Woche in der Bib und werde im September einen Italienischintensivkurs machen. Bis dahin sollte ich mir genauere Gedanken über mein Praktikum machen, denn eine Bewerbung will auch rechtzeitig abgeschickt sein. Für Anfang Oktober ist eine zehntätige Italienrundreise gebucht – Florenz, Pisa, Rom, Venedig. Alles für’s Studium. Alles kann man aber nur geben, wenn man überzeugt ist von dem, was man studiert. Mein damaliges Motivationsschreiben war ein wichtiger Grundstein für diese Überzeugung. Das Studium baut nun darauf auf. Mein Setzkasten für die Uni Erlangen ist so gut wie voll und ich kann es kaum noch abwarten endlich an eine größere Uni zu wechseln in einer größeren Stadt und einen neuen Kasten mit Bausteinen zu füllen.

Artikel: Mandy Hartmann

Materialien für Lehrer und Schüler

Weitere Artikel zum Thema