„Tagträumen ist vielleicht die wichtigste Arbeit in meinem Leben.“

Liebe Schülerinnen und Schüler,

das Zitat stammt von Karl Lagerfeld (1933 – 2019). Er beschreibt etwas, was ich schon lange als meinen „Kreativitäts-Pool“ kenne. Ich „tagträume“ oft und gerne, wenn ich eine komplexere Aufgabe lösen möchte, aber noch keinen klaren Lösungsweg gefunden habe. Es gibt bei mir für diesen kreativen „Lösungszustand“ in mir zwei sich bedingende Voraussetzungen: keinen Stress, sondern einen entspannten Zustand! Zur Vermeidung von Stress fange ich immer sehr frühzeitig an. Einen heißen Tipp an euch: Alles braucht viel länger, als ihr denkt! Und zum entspannten Zustand bei mir: kurz vor dem Einschlafen, unter der Dusche, in der Natur und bei klassischen Konzerten. 

Schnell noch ein Forschungsergebnis für die Psychologie-Fuzzis unter euch: Unter einem Spezial-Tomografen beobachteten Ende der 90er Jahre Wissenschaftler die Hirnaktivitäten der Probanden bei der Lösung von Aufgaben. Nun sollte eine kurze Entspannungspause eingelegt werden und die Forscher staunten nicht schlecht, als sie bemerkten, dass in manchen Hirnregionen beim Leerlauf die Intensität im Gehirn deutlich zunahm. Heute nennt man dieses Areal „Ruhezustandsnetzwerk“.

Bei Volker Busch: „Kopf frei!“ findet sich dafür eine ganz ausgefallene Erklärung auf Seite 189: „Menschen begannen vor etwa 50 000 Jahren am Lagerfeuer nämlich über ganz andere Dinge zu sprechen als beim Jagen … Auf der Jagd ging es um Fakten, am Feuer um Fiktion.“ Wenn ihr mal in einer Gruppe um ein Lagerfeuer sitzt, schaut in die Flammen und schon bald versinkt ihr in euren Gedanken, die manchmal zu ganz überraschenden Lösungen führen. „In Ruhe geht das Gehirn in sich selbst spazieren … Nur in Ruhephasen, wenn unsere Aufmerksamkeit nicht durch Ablenkungen der Außenwelt gebunden wird, sondern sich nach innen wenden darf, springt das Ruhezustandsnetzwerk an; nur dann kann es uns zu Erkenntnissen verhelfen.“ (S. 195f.) Also, Handy aus und außer Sichtweite! Und noch etwas für unsere Psychologie-Fuzzis: Nach vier bis sechs Tagen in der Natur ohne Handy oder anderen Unterhaltungsgeräten verbessert sich die kreative Wortfindung um fünfzig Prozent.

Der Name des konsumfreien Nichtstuns: „Nixen“. Beim Nixen tut man wirklich nix – im Gegensatz zum Chillen, da hängt man handyspielend ab. Hier eine Idee unseres Psychologie-Professors: einen Sonntag zum „Untouchable Day“ (S. 204) zu erklären, also einen Tag offline – ohne Handy oder andere digitale Geräte. Ganz konkreter Vorschlag: Ihr macht es euch an eurem Lieblingsort richtig gemütlich. Lasst euer Handy für ungefähr eine Stunde aus, denn dieses zerstört jede Zerstreuung: „Je länger Ihre Gedanken ungestört auf Wanderschaft gehen, desto konkreter und plastischer werden Ihre Vorstellungen. Diesen kreativen Prozess sollten Sie laufen lassen und auf keinen Fall durch ein Katzenvideo unterbrechen.“ (S. 224) Prof. Busch rät mindestens dreißig Minuten für eine Zerstreuungszeit. Der Grund ist relativ einfach, das Ruhezustandsnetzwerk braucht eine gewisse Anlaufphase, und die liegt für entspanntes Assoziieren – die Gedanken kommen und gehen ungestört und ungesteuert – so ungefähr bei dieser Minutenzahl. Und warum schlägt Volker Busch das Wandern in der Natur vor? „Oft sind es gerade die reizarmen, monotonen Umgebungen, in denen uns bei fehlenden äußeren Ablenkungen das Abschweifen relativ einfach gelingt.“ (S. 227)

Jetzt möchte ich euch am Ende des Artikels noch einen für mein Leben wichtigen Tipp geben: Hört auf euer Bauchgefühl! Wenn ich die Klasse mit einer klaren Konzeption betrat und in mir spürte, diese passt im Augenblick absolut nicht, dann ging der Unterricht fast immer beim Durchziehen der Planung in die Hose. In solchen Situationen verließ ich mich dann auf mein Bauchgefühl und meine Unterrichtserfahrung und die Unterrichtsplanung blieb in der Tasche.

Ein abschließender Busch-Spruch, er bezieht sich auf Legosteine: „Kreativ werden wir nicht dadurch, dass wir viele Steine haben, sondern, dass wir genügend Zeit finden, mit ihnen zu bauen.“ (S. 183)

„Kopf frei!“ für euch selbst, für eure Ziele, für euer Glück!

Klaus Schenck

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Neue Artikel zur Mediennutzung an der Schule (der aktuellste steht immer oben)

Artikelreihe zu dem Buch von Prof. Busch: „Kopf frei – Wie Sie Klarheit, Konzentration und Kreativität gewinnen“. Tipps für Schüler

  1. „Alle Vorsätze sind für den Arsch, wenn man sich nicht daran hält“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/alle-vorsaetze-sind-fuer-den-arsch-wenn-man-sich-nicht-daran-haelt/
  2. „Die Aufmerksamkeit ist der Meißel des Gedächtnisses“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/die-aufmerksamkeit-ist-der-meissel-des-gedaechtnisses/
  3. „Wer zwei Hasen gleichzeitig jagt, wird keinen davon fangen“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/wer-zwei-hasen-gleichzeitig-jagt-wird-keinen-davon-fangen/
  4. „Where the focus goes, the energy flows“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/where-the-focus-goes-the-energy-flows/
  5. „Tagträumen ist vielleicht die wichtigste Arbeit in meinem Leben“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/tagtraeumen-ist-vielleicht-die-wichtigste-arbeit-in-meinem-leben/
  6. „Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen“: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/das-leben-der-eltern-ist-das-buch-in-dem-die-kinder-lesen/
  7. Generation Z: Dumbphone statt Smartphone: https://www.schuelerzeitung-tbb.de/generation-z-dumbphone-statt-smartphone/

„Psychologie Heute“, 2024/04, S. 94: Leserbriefe

Handy-Artikel der Schülerzeitung

Ergänzendes Material: Manuskript plus Link zur YouTube-Sendung

Materialien für Lehrer und Schüler

Klaus Schenck, OSR. a.D.
Fächer: Deutsch, Religion, Psychologie
Drei Internet-Kanäle:
Schul-Material: www.KlausSchenck.de
Schüler-Artikel: www.schuelerzeitung-tbb.de
Schul-Sendungen: www.youtube.com/user/financialtaime
Trailer: Auf YouTube ansehen
„Vom Engagement-Lehrer zum Lehrer-Zombie“/Bange-Verlag 2020:
Info-Flyer: Download

Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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