Liebe Schülerinnen und Schüler,
„Nichts ist so beständig wie der Wandel“; das Zitat wird Heraklit (535-475 v.Chr.) und Charles Darwin (Briefe 1822-1859) zugeschrieben; die Aussage beansprucht demnach fast zeitlose Gültigkeit. Worauf bezieht sich der Wandel aber überhaupt? Erstreckt er sich auch auf geistige Werte oder nur auf materielle? Ich denke, dass sich auch geistige Werte wandeln – was man zunächst für wertvoll hält, entpuppt sich gelegentlich als wertneutral oder gar als wertlos. Es ist also offenbar nicht ganz einfach, für sich auf Dauer gesicherte Werte zu definieren. Ohne eine gesicherte geistige und materielle Grundlage ist man aber fremden Einflussnahmen in erheblichem Umfang ausgesetzt.
Die ethische Grundlage wird bereits in früher Jugend in der Kindheit geschaffen und deshalb ist es von unschätzbarem Vorteil, wenn man auf positiv prägende Erlebnisse und Erfahrungen aus dieser Zeit zurückgreifen kann. Ich bin mitten im Krieg 1942 geboren, meine frühen Kindheitserinnerungen beziehen sich auf eine Unterkunft in einer Mühle im Odenwald; dort hat uns die Müllerin wie ihre eigenen Kinder versorgt und behütet, so dass ich trotz der gefährlichen Lage bei Kriegsende nur gute Erinnerungen habe. Wieder zu Hause in der heimischen Pfalz musste weiter gespart werden; für das damals noch übliche Schulgeld und die Monatsfahrkarte zum Gymnasium hat es aber gereicht, was nicht in allen Familien selbstverständlich war. Das Geld für Ferienreisen habe ich durch Hilfsarbeitertätigkeiten auf dem Bau verdient und dabei wertvolle soziale Kontakte und nützliche handwerkliche Kenntnisse gewonnen. Auch der freiwillig verlängerte Grundwehrdienst von 18 Monaten beim Heer und die vielen späteren Reserveübungen haben mich in Standorte in der ganzen Republik und ins Ausland geführt und tiefe Einblicke in die Probleme der Sicherheitspolitik vermittelt. Ohne familiären Zwang konnte ich Rechtswissenschaft studieren in Saarbrücken, Tübingen und Heidelberg und nach erfolgreichem Abschluss in den höheren Verwaltungsdienst in Baden-Württemberg eintreten mit Berufsstationen bei den Landratsämtern Stockach und Konstanz, beim Bundesinnenministerium in Bonn, bei der Bereitschaftspolizeidirektion in Göppingen und schlussendlich beim Main-Tauber-Kreis. Dabei bin ich zuvor beruflich und privat viel in der Welt herumgekommen, aber die Heimatliebe hat mich immer wieder zurückgeholt. Nach meiner Pensionierung lebe ich glücklich und zufrieden mit meiner Frau und unserem Sohn im Eigenheim im schönen Tauberfranken.
Natürlich war für eine solche Vita auch Glück dabei; aber insgesamt war es nicht zuletzt meine Bereitschaft, die ständig wechselnden Forderungen im Wandel der Zeit mutig und nachhaltig für sich selbst zu nutzen und sich dabei zugleich auch hilfsbereit für andere zu zeigen, die weniger Glück hatten oder haben.
Heraklit hat demnach recht: Nichts ist so beständig wie der Wandel – man muss sich nur Mühe geben, mit den eigenen Fähigkeiten das Bestmögliche daraus zu machen.
Georg Denzer, Landrat in Tauberfranken von 1981 – 2005
Links zur Werte-Brief-Aktion
Ordner mit allen Werte-Briefen: https://www.klausschenck.de/ks/veroeffentlichungen/eigene-artikel/werte-briefe/index.html
Begründung dieser Werte-Brief-Aktion: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-1-sk-werte-anschreiben-kopfzeile.pdf
Einzelne Werte-Briefe:
- Klaus Schenck: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-2-sk-werte-artikel-kopfzeile.pdf
- Georg Denzer: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-3-denzer-werte-artikel-kopfzeile.pdf
- Dr. Martin Lowsky: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-4-werte-lowsky-artikel-kopfzeile.pdf
- Ursula Burkert: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-5-burkert-werte-artikel-kopfzeile.pdf
- Alois Gerig: https://www.klausschenck.de/ks/downloads/f25-6-gerig-werte-artikel-kopfzeile.pdf