Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“ – Inhalt in Briefform

Hinweis: Ich benutze die Wörter aus dem Roman und die Sprache, die dem Werk entspricht, was euch hilft, die Aussage des Romans besser zu verstehen und ihn leichter zu interpretieren! Klaus Schenck

Liebe Schülerinnen und Schüler,

„Tauben im Gras“: 18 Stunden Nachkriegszeit – Februar 1951, vermutlich in München, ein Panoptikum von Entwurzelten, Vereinsamten, Gestörten, Verzweifelten, alle zahlungsunfähige Patienten des Psychiaters Dr. Behude. Sie wurden in eine neue Zeit gespült, sind in ihr aber nicht angekommen. Ihr Glück, ihre Einstellung, ihre Ausrichtung bleiben in der nationalsozialistischen Vergangenheit. Sie kämpfen ums Überleben, böse, aggressiv, zerstörerisch – unfähig der Kommunikation untereinander, unfähig der Empathie füreinander, voll Neid, Hass und Faszination auf die „minderwertigen Kerle“, die „Neger“. Ziel, Hoffnung, gar Erlösung bietet am Ende auch nicht der berühmte Schriftsteller Edwin, seine „erlesene“ Botschaft scheitert an der Lautsprecheranlage und die suchenden, erwartungsvollen Zuhörer pennen weg, er selbst wird im Schwulen-Milieu von Strichjungen ermordet. Und in all dem Bösen, Hoffnungslosen ist es der „Neger“ Washington, der seine Vision eines „Washington’s Inn“ im freien Paris – nicht in Deutschland, nicht in den USA – mit dem Schild „NIEMAND IST UNERWÜNSCHT“ an der Tür stets in sich trägt. Der Roman endet in den Steinwürfen einer aufgestachelten Meute, „aber sie konnten den Traum nicht töten“.

Dieses Werk der „literarischen Moderne“ als Montagetechnik ist in den vielen Bewusstseinsströmen und menschlichen Innensichten schwer zu verstehen und inhaltlich kaum wiederzugeben. Ich orientiere mich an ganz wenigen Personen – unabhängig von der Romanabfolge, um so eine inhaltliche Schneise zu schlagen.

Schauspieler Alexander, Frauenschwarm in seichten „Erzherzog“-Filmen, frisst, säuft und hurt sich durch die Nacht – zur Enttäuschung der Dirne Susanne schlapp und müde. Bereits am Morgen spielt Alexander wieder am Set den Erzherzog. Seine Frau Messalina, das „Lustross“, das Party-Monster-Weib, das Schreckgespenst eines jeden, sorgt für den entsprechenden Gäste-Nachschub der Nacht. Ihre Tochter Hillegonda wird bei der bigotten Kinderfrau Emmi abgestellt, diese schleppt das verschüchterte Wesen täglich zur Frühmesse, um es von seinen „Sünden als Schauspielerkind“ reinigen zu lassen.

Schriftsteller Philipp ist vor seiner alkoholsüchtigen, tobenden und wütenden Ehefrau Emilia in eine nahegelegene Absteige geflüchtet. Er kriegt nichts gebacken: liest viel, schreibt nichts und scheitert bei jeder Herausforderung. Emilia, deutlich jünger mit jungenhafter Figur, ist sexuell attraktiv und versoffen zugleich. Ihr Schmerz ist das durch den Krieg wertlose Erbe. Sie wähnte sich einst durch Großvaters Geld gesichert und muss nun regelmäßig Schmuck und andere Wertgegenstände ins Pfandhaus tragen, um den gemeinsamen Haushalt zu bestreiten. Suff und Hass gelten einer Vergangenheit, die sie heute – beschämt, entwürdigt und gleichzeitig begehrt – finanziell schutzlos einer gnadenlosen Welt ausliefert.

Frau Behrend ist in ihrem Rassismus dem Dritten Reich verhaftet. Ihr Mann, Obermusikmeister, zahlt ihr Mansarde und alles Weitere, genießt aber ansonsten das Leben mit seiner tschechischen Freundin. Er dirigiert und spielt im „Negerclub“ und wird dafür von seiner Ehefrau verachtet. Noch schlimmer trifft sie, dass ihre Tochter Carla mit dem „Neger“ Washington zusammenlebt, der sie – zu allem Unglück – auch noch schwängerte. Carla ist entschlossen, den „schwarzen Bankert wegmachen“ zu lassen, Washington kämpft für das gemeinsame Kind und verhindert in seiner Entschlossenheit die Abtreibung. Seine unerschütterliche Liebe zu Frau und Kind überzeugt am Ende Carla, die noch den elfjährigen Sohn Heinz hat, der in einem ambivalenten Verhältnis zu Washington steht.

„Neger“ Odysseus – groß und kräftig – kommt am Bahnhof an, nimmt sich den alten, schmächtigen Dienstmann Josef, der nun dessen laut dudelndes Kofferradio trägt. Dirne Susanne stiehlt Odysseus das gesamte Geld, es kommt zu einer Wirtshausschlägerei, Josef, Susanne und Odysseus entfliehen, sie werden verfolgt und mit Steinen beworfen, wobei ein Stein Josef tödlich verletzt, vermutlich war es einer von Odysseus. Er entreißt dem Sterbenden die bereits bezahlte Vergütung und flüchtet weiter. So entsteht das Gerücht: „Der Nigger hat den alten Josef totgeschlagen!“ Die Gerüchte werden immer wilder, eine empörte Masse aus dem Bräuhaus bewirft den nahegelegenen „Negerclub“ mit Steinen, dabei treffen – wahrscheinlich tödlich – auf dem Vorplatz Washington, Carla, Heinz und den zu Hilfe eilenden Deutsch-Amerikaner Richard gezielt Steine. In einer einsturzgefährdeten Ruine treiben es Odysseus und Susanne miteinander „nackt und schön und wild“.

Parallel zur Lynchaktion hält der Schriftsteller Edwin im Amerikahaus seinen erfolglosen Vortrag und wird gegen Mitternacht ermordet. „Mitternacht schlägt es vom Turm. Es endet der Tag. Ein Kalenderblatt fällt.“

Lasst euch doch einfach mal auf das Werk ein und stellt euch das Geschilderte bildhaft vor, damit kommt ihr inhaltlich am weitesten!

Auf, packt’s an!

Klaus Schenck

Schüler-Briefe zum Werk

(alles auf ungefähr eine Textseite reduziert – in Briefform)

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Werke der Schul-Sekundärliteratur

Bauer, Dirk und Schütte, Judith: Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“. EinFach Deutsch. Schöningh 201810

Grobe, Horst: Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“. Königs Erläuterungen, Bd. 472. Bange Verlag 20143

Pütz, Wolfgang: Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“. Reclam Lektüreschlüssel Nr. 15429, 2011

Reisner, Hanns-Peter: Wolfgang Koeppen: „Tauben im Gras“. Lektürehilfen Klett, 2013

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Über den Autor

Klaus Schenck unterrichtete die Fächer "Deutsch", "Religion" und "Psychologie". Er hatte 2003/04 die Schülerzeitung "Financial T('a)ime" (FT) zunächst als Printausgabe ins Leben gerufen, dann 2008 die FT-Homepage, zwei Jahre später die FT-Sendungen auf YouTube (www.youtube.com/user/financialtaime) , zusätzlich ist noch seine Deutsch-Homepage (www.KlausSchenck.de) integriert, sodass dieses "Gesamtpaket" bis heute täglich auf rund 1.500 User kommt. Mit der "FT-Abi-Plattform" wurde ab 2014 das Profil für Oberstufen-Material - über die Schülerzeitung hinaus - geschärft, ab August 2016 ist wieder alles in einer Hand, wobei Klaus Schenck weiterhin die Gewichtung auf Schulmaterial beibehält und die Internet-Schülerzeitung (FT-Internet) bewusst auch für andere Interessierte öffnet.

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